22.3.07

Parental advisory: universitäre Wirklichkeit. Teil 1

Treue LeserInnen können wissen: Björn hält sich wochentags öfters an und in einer deutschen Hochschule auf. Eine Hochschule, liebe Graubrot-FreundInnen ist ein Ort an dem intelligente Menschen intelligente Dinge tun.
Beispielsweise führen sie in Deutschland ein zweigliedriges Studium ein. Das funktioniert, vereinfacht gesagt, so: Manche derer, die erfolgreich den auf drei Jahre angelegten Bachelor hinter sich gebracht haben, dürfen danach den zweijährigen Master studieren.

An "meiner" Berliner Hochschule wurde in meiner Fakultät im Herbst 2004 der erste Bachelorjahrgang begrüßt. Es ist keine höhere Mathematik oder Hellseherei, wenn mensch daher folgert, dass zum Herbst 2007 für zumindest einige der Absolventen aus diesem Jahrgang ein Masterstudiengang zur Verfügung stehen sollte.
Bevor so ein Studiengang zur Verfügung stehen kann, muss er erst entwickelt werden. Dazu schreiben intelligente Menschen Richtlinien und andere intelligente Menschen Entwürfe. Manchmal haben letztere die Aussagen ersterer zur Kenntnis genommen. Dann prüfen wieder andere, ob die Entwürfe die Chance zur Verwirklichung haben und machen ziemlich viele gegebenenfalls Korrekturvorschläge.
Mitte März 2007 sind wir an diesem Punkt.
Zur Verdeutlichung: Seit mindestens Herbst 2004 wissen alle, dass es zum Oktober 2007 diese Studiengänge geben muss.

Damit im Herbst die BachelorabsolventInnen auch den Master studieren können, müssen sie sich im Sommer (ab Mitte Juni) bewerben.
Das wird den meisten Bachelor-Studis meiner Universität freilich nicht gelingen, da sie nach der für sie geltenden Studienordnung dann noch gar nicht mit ihren Studium fertig sind, weil bei der Planung des Bachelors vergessen wurde, dass der auf den Bachelor folgende Master eventuell etwas Bewerbungsvorlauf bräuchte und deshalb das letzte Bachelorsemester vielleicht nicht bis zum letzten tag mit Arbeit vollgestopft sein sollte... Aber es gibt vielleicht Bewerbungen von außerhalb.
Unabhängig davon sollten diejenigen, die sich auf einen Masterstudienplatz bewerben vielleicht wissen, wie ihr zukünftiger Studiengang aussehen wird.
Es wäre also von Vorteil und ist eigentlich auch so geplant, die Studiengänge bis Mitte Juni fertig zu haben.

Dafür müssen in den kommenden drei Monaten nur noch folgende Dinge passieren:
Entwürfe korrigieren. Entwürfe rechtlich abstimmen. Aus den Entwürfen Ordnungen erstellen. Die Ordnungen auf Fakultätsebene beschließen. Die Ordnungen auf Universitätsebene beschließen. Die Ordnungen von der Berliner Verwaltung genehmigen lassen.

Unsere Fakultät schickt 10 Entwürfe auf diese Reise und ist nicht die einzige, die an dieser Universität Masterstudiengänge zum Herbst einführen will. Die Erstellung der rechtlich bindenden Ordnungen hängt an weniger als einer handvoll Mitarbeitern der Rechtsabteilung.
Nimmt mensch die Versuche demokratischer Selbstbestimmung ernst, die hinter den einzelnen Beschlussebenen stecken, dann müsste zumindest auf Universitätsebene und auf Ebene der Berliner Verwaltung auch noch Zeit für das Lesen der Ordnungen eingeplant werden (auf Fakultätsebene sollten sie halbwegs bekannt sein), bevor darüber abgestimmt wird.
Der jetzige Zeitplan unserer Fakultät sieht vor, dass der Fakultätsbeschluss an einem Morgen Ende April stattfinden soll (alle Schritte davor, also die gesamte Korrektur und Schreibarbeit hat damit ab jetzt noch ca. fünf Wochen Zeit). Der Beschluss auf Universitätsebene soll am gleichen Tag nachmittags stattfinden.
Wird dem Gremium schon reichen, sich in der Mittagspause durch mindestens unsere zehn Studienordnungen plus nötige Zusatzdokumente zu lesen.

Haben Sie, liebe LeserInnen das Gefühl, dass Sie im Herbst einen gut durchdachten Studiengang antreten, sollte es ein Masterstudiengang unserer Universität sein?


Lesen Sie bald, wie es den Bachelorstudierenden unserer Fakultät bei dem Versuch ergeht, nach genau sechs Semestern einen Abschluss zu bekommen.
Lesen Sie bald, wie es sein kann, dass es an unserer Universität Menschen gibt, die Lehrveranstaltungen geben müssen aber nicht dürfen.
Lesen Sie bald, wie Demokratieverständnis an unserer Fakultät aussieht.

Erleben Sie, wie Björn Grau seinen Arbeitsplatz verliert und seine Karriere (?) vor ihrem Beginn zerstört, weil er seine Abscheu seine Arbeitgeberin betreffend öffentlich macht.

4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Na immerhin werden schon die ersten Veranstaltungen für den Master an die Lehrenden verteilt. Vielleicht werden das dann Seminare im Oxford-Stil: 1 Dozent auf 2 Studierende.

Zum Kotzen das. Wie kleine Kinder, die lieber spielen wollen, deswegen morgens rumtrödeln und dann nicht rechtzeitig angezogen sind, um in die Schule zu gehen.

Anonym hat gesagt…

nur dass die kinder es nicht wirklich besser wissen...

Anonym hat gesagt…

So schlimm?

fragt die bestürzte Koll.

Björn Grau hat gesagt…

Noch viel schlimmer.