ora et labora?
Nein, ums Gebet geht es mir jetzt nicht. Aber um die Arbeit.
Nicht nur macht sich Miss Sophie Gedanken über die Ausbeutung von Praktikanten im Speziellen (die holen doch eh nur Kaffee...). Nein, mein liebster Technikapologet und Prinzippositivist kommentiert Sophies Gedankenwelt und verweist auf die Konzepte der Neuen Arbeit. Und Delicious bei nerdcore hat heute nacht einen Artikel zum bedingungslosen Grundeinkommen (BGE) verlinkt. Und meine Freunde und ich, die wir das vergangene Wochenende gemeinsam verbracht haben, haben genau zu diesem Thema heftig einen halben Spaziergang lang diskutiert.
Ob Miss Sophies Vorschlag von den kleinen geilen Firmen, die alle aufbauen könnten, oder die Hoffnung, dass fortschreitende Automatisierung uns alle eigenständiger macht, oder die Idee, alle bekommen die Grundversorgung und können sich dann frei entfalten (ich habe jetzt hoffentlich allen drei Ideen gleich unsinnig verkürzt), diesen Punkten ist eins gemeinsam:
Die alte christliche Idee vom Schuften als Lebenssinn (die über den protestantisch geprägten Idealismus auch in den Theorien von Marx und Weber weiterlebt), passt heute so gar nicht mehr zu unserer Lebenswelt. Leider bleibt diese Idee immer noch sehr wirkungsmächtig, sonst wäre "arbeitslos" kein Stigma.
Aber Arbeit für alle ist in post-industriellen Gesellschaften wie der bundesrepublikanischen scheinbar nicht mehr zu haben.
Schade? Nö, super!
Wir müssen nur aufhören, Arbeit als Notwendigkeit anzusehen und aus ihr eine Möglichkeit machen.
Ich würde dabei nicht ganz so ausschließlich auf die Automatisierung und eine damit einhergehende Vergünstigung des Lebens vertrauen, wie die Anhänger der Neuen Arbeit. Mir gefällt die Idee des steuerfinanzierten Grundeinkommens besser, da sie mir konkreter fassbar scheint.
Gut gebrüllt, Löwe, mag der Kritiker einwenden. Denn es ist ja nicht so, dass sich die BGE-VerfechterInnen einig sind. Wie die Steuerfinanzierung aussehen soll, darüber herrscht beispielsweise große Uneinigkeit. Aber mir ist beispielsweise beim BGE klar, wie hier gesellschaftliche Aufgaben wie Krankenversorgung oder ÖPNV funktionieren könnten: Sie müssten so attraktiv sein, dass ausreichend Menschen trotz Grundeinkommens in diesen Jobs gerne arbeiten. Dagegen funktioniert Neue Arbeit (grob vereinfacht: Nur noch ein Drittel Arbeit alten Musters pro Individuum) in schwer automatisierbaren Jobs wie der Pflege nicht so einfach.
Dennoch, die Uneinigkeit der GBE-Fans ist damit nicht aus der Welt. Aber ich zumindest befinde mich noch in der Phase der Meinungsbildung. Und da können verschiedene Ansätze nicht schaden. Richtig viel Material zum BGE gibts von dem dazu arbeitenden Flügel der DIE LINKE.
Recht ausführlich und auf den ersten Blick auch halbwegs ausgewogen ist der BGE-Artikel bei Wikipedia.
Das Archiv-Grundeinkommen ist eine riesige, regelmäßig aktualisierte Materialsammlung und auch hier scheint auf den ersten Blick nicht einseitig archivert zu werden.
Ein erster Anfang in einer Debatte, an der ich mich gern beteiligen will. Hoffe auf regen Austausch zu dem Thema und kann mir vorstellen, diesen Eintrag langsam aber sicher zu einer Linkliste zum Thema "Arbeits- und Einkommenskonzepte im 21. Jahrhundert" auszubauen. Wir werden sehen!
Nachtrag vom 15.12.: Der besseren Abonnierbarkeit wegen (dem Herrn Stein sei wieder einmal gedankt!) gibt's keinen Ausbau dieses Posts sondern ein Label "Arbeit", unter dem fürderhin das Thema forgeführt wird.
4 Kommentare:
hallo,
sehr schön, dann sag mir doch immer einfach bescheid, wenn du was geschrieben hast. auch ich beschäftige mich mit dem bge seit einiger zeit und möchte sehr gerne mitdiskutieren. ich habe mir z.b. mal eine veranstaltung in berlin angeschaut. götz werner und fritz kuhn haben dort über das bge diskutiert, ich habe darüber schon in der vergangenheit geschrieben. also, ich freue mich, gruß albert
Von mit kriegst Du auch noch eine Breitseite (die Frage ist nur, wann ...). Als Dein liebster Technikapologet möchte ich eigentlich Albert (und Dich) auf einen Vorzug des Bloggens hinweisen.
Wie Ihr wisst, kann man Blogs abonieren, und sich über neue Artikel seiner persönlichen Abbos dann automatisch informieren lassen. Firefox und der neue IExplorer 7 bringen diese Funktionalität gleich mit: einfach auf das Blog surfen und das "RSS" Symbol in der Adresszeile bzw. das Icon dafür (ein kleines Quadrat mit weiße Funkwellen auf orangenem Grund, vgl. Feed Icons. Ansonsten gibt's eine Menge Erweiterungen oder kostenlose eigene Programme (RSS-Reader), die diese Funktionalität anbieten und im Prinzip wie eine persönliche Zeitung erscheinen. Auch Google, wenn man sich da registrieren möchte, bietet einem das auf der ganz normalen Suchseite an.
Allerdings kann man nicht nur einzelne Blogs, sondern auch noch einzelne Themen eines Blogs abonieren. Ich schlage vor, Björn vergibt zu diesem Thema ein eigenes Label, z.B. "Arbeitskonzepte", und sobald er was neues dazu schreibt, sind wir up to date.
@albert: lass uns bezüglich meiner Veröffentlichungen dem Vorschlag von Herrn Stein folgen (u.a., weil ich ohne eine Kontaktadresse zu Dir schlecht bescheid sagen kann...). Wo kann mensch lesen, was Du in der Vergangenheit geschrieben hast?
@Herrn Stein: Breitseite? Liebe und Frieden, Bruder!
Ich wäre ohne Deine kleinen und großen Techniktips echt aufgeschmissen.
hallo, jawohl rss-abos in meinem rss-reader habe ich inzwischen sehr viele, und dein blog jetzt gleich auch. allerdings weiß ich noch nicht ganz genau, wie ich einzelnes thema abonieren kann. in letzter zeit schreiben sehr viele blogger über das bge. ich gucke immer bei technorati nach, was neues geschrieben worden ist, google news informiert über die traditionellen medien.
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