26.7.07

Kräutertee

Ich kann ja einen Gedanken, genau einen, auch gern mal über zwei Stunden denken. Dann wundere ich mich am Emde, dass Gedanken, die mir im Allgemeinen so zeitlos vorkommen, soviel Zeit absorbieren. Und dann denke ich darüber nach, warum ich elf Stunden Busfahrt als sehr sehr lang empfinde, elf Stunden Schlaf aber wie nix vergehen können. Und dann denke ich über die Geschwindigkeit der Wahrnehmung nach. Die ist relativ. Relativ sicher ist dann schon wieder eine Stunde oder so an Nachdenk-Zeit verstrichen. Am langsamsten denke ich morgens. Da klingelt der Wecker, sagen wir mal, um sieben. und ich wache auf und mir kommt ein Gedanke, außer jemand anderes kommt ins Zimmer und verwickelt mich in Gespräche, es kommt also ein Gedanke und ich sage: "Guten Morgen Gedanke!" Und der Gedanke sagt gar nichts, sondern nistet sich in meinem Kopf fest, der gerade erst ganz langsam die Maschinen anwirft und so wird der gesamte Arbeitsspeicher meines Denkapparats von diesem Gedanken beansprucht und ich komm zu sonst nix mehr. Und wenn der Gedanke zu Ende gedacht ist, ist es halb zehn, ich bekomm Panik, weil ich jetzt den ganzen Tag zu allem zu spät kommen werde, haste in die Küche, trinke eine Tasse Kräutertee (das mit dem Kräutertee auf den Morgen hab ich von meiner Großmutter gelernt, ein Familienritual quasi) auf Ex, verschlinge die Banane und merke kurz vorm Schlucken, dass Schälen eine echte Maßnahme gewesen wäre, haste durchs Bad und so weiter und so fort und wenn ich dann achteinhalb Minuten später die Zeitung bei der süßen Türkin, die mich immer so anlächelt, als wolle sie sagen "Heirate mich, damit ich hier nicht mehr in dem schmuddeligen Kiosk meines Bruders arbeiten muss!", gekauft habe und im Bus zur Arbeit sitze, dann weiß ich auch nicht mehr, was ich eigentlich die zwei Stunden zuvor gedacht habe.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Also ICH denke, dass dieses Textlein ein nettes kleines Meisterwerk ist!

Anonym hat gesagt…

Du denkst wenigstens. Ich dagegen ...