18.9.07

Bürgerliche Fassade

Eine Freundin war dieser Tage auf einer mehrtägigen Veranstaltung gegen Antisemitismus.
Diese Veranstaltung besuchte auch der ehemalige NPD-Bundesvorstand Stefan Lux, wie bei indymedia nachzulesen ist. Verglichen mit dem Bericht auf indymedia stellte sich mir vor allem das Verhalten eines großen Teils der TeilnehmerInnen nach dem Bericht der Freundin noch etwas krasser dar:

Antifas hatten drei Tage lang durchaus nervend und den geregelten Programmablauf störend versucht, die VeranstaltungsteilnehmerInnen und ReferentInnen dazu zu bringen, auszudiskutieren, ob es sein könne, dass ein bekannter Rechtsextremist einer solchen Veranstaltung beiwohnen dürfe.

Eine derartige Diskussion wurde von Seiten der VeranstalterInnen als auch von der Mehrhheit der TeilnehmerInnen abgelehnt. Immer mit der Begründung, der NPDler sei regulär angemeldet und störe nicht.

Stefan Lux aber brachte an zwei von drei Tagen unangemeldete Besucher mit, was vielleicht nicht so offensichtlich den Tagungsablauf aufhält wie diskussionswillige junge Antifas, aber eben auch nicht den Gepflogenheiten der Veranstaltung entspricht.

Ich halte es für angemessen in besonderen Situationen eigentliche Abläufe umzukrempeln und spontan ein Problem durchzudiskutieren. Ich halte es für unangemessen, den Besuch eines Rechtsextremisten, teilweise unter Begleitung weiterer als rechtsextrem bekannter Personen, bei einer Veranstaltung GEGEN Antisemitismus einfach geschehen zu lassen. Der muss meiner Meinung nach schon die sprichwörtlichen Hosen runterlassen und sagen, warum er anwesend ist. Vielleicht will er ja was lernen? Vielleicht will er von seinen alten politischen Ideen wegkommen? Vielleicht will er aber auch nur den Feind kennenlernen...

Aber statt einer kritischen Auseindersetzung mit diesem Problem zeigte das vorwiegend linksbürgerliche Publikum über 50 die üblichen Reflexe der braven Untertanen.
Herr Lux störte kaum, die jungen Antifas aber sehr. Sie brachten Unordnung in die Sache, sie folgten nicht. Und so wurde Tag für Tag die Unterstützung der braven Bürger für den NPDler und die Ablehnung der Antifa größer. Bis sie in dem von besagter Freundin mir berichteten Spruch eines älteren Veranstaltungsteilnehmers gipfelte: Die Antifa würde antidemokratisch agieren und sich dabei wie die Nazis verhalten. Früher wären die Juden als Minderheit verfolgt worden, jetzt verfolge die Antifa Andersdenkende. Gegenüber diesem Spruch erweist sich die bei indymedia berichtete Fraternisierung einzelner mit Lux als geradezu harmlos.

Die Rechtsextremen wissen, warum sie sich die Maske des braven Bürgers anziehen. Weil dem Bürger nichts verhasster ist als die Störung seiner Ordnung. So können sie brav die politische Mitte infiltrieren, während die linken Spinner in ihrer antibürgerlichen Art für den Bürger immer die größere Gefahr darstellen. War nicht auch Hitler bis zum Tode Hindenburgs, mindestens aber bis zur Machtübernahme nach den gewonnenen Wahlen 1933 gern im Aufzug des bürgerlichen Politikers mit Frack und Zylinder aufgetreten und hat diese Maske erst abgerissen, als er all die braven Bürger gefangen hatte?

Das Problem sind nicht die acht oder neun Prozent Wählerpotential, das die Rechten heute schon haben. Die ließen sich im Griff behalten. Das Problem ist die Mehrheit der untertänigen, ordnungsgeilen deutschen Bürger, die sich auch heute noch lieber neben einen stadtbekannten Nazi in Hemd und Bundfaltenhose auf die Bank im Bus setzen würden, als neben einen Linken, der verfilzte Haare und Löcher in der Jeans hat.
Solange sich Rechtsextreme benehmen, schreitet der deutsche Bürger nicht ein. Aber wie definiert sich dieses Benehmen? Scheinbar ist es in Ordnung, wenn er unter Bürgers das Maul hält, dann ist es ganz egal, was er im stillen Kämmerlein unter Parteifreunden so von sich gibt. Wir habens ja nicht gehört. Und so werden sie sich benehmen, bis sich keiner mehr gegen sie wehren kann.

Ich hoffe, ich bin rechtzeitig ausgewandert, wenn der nächste Nazi in Amt und Würden sein bürgerliches Gewand ablegt.


Trefft die Nazis, wenn ihr sie schlagt.

P.S.: Den Artikel bei indymedia finde ich problematisch, da er, wie leider viel zu oft wenn aufgebrachte Antifas schreiben, mit seiner tendenziösen Wortwahl und unsinnigen Details zu einem schwer lesbaren Brei wird. Für die durchaus skandalösen Vorgänge bei dieser Veranstaltung ist es beispielsweise nicht von Belang, ob ein NPD-Kader Wolfgang-Petry-Imitator ist. Und so sehr ich es für richtig halte, die VeranstalterInnen mit einer Kritik an ihrem komisch protektionistischen Verhalten zu konfrontieren, ich weiß nicht ob gezielt die Adresse einer der VeranstalterInnen veröffentlicht gemacht werden sollte. Die Veranstaltung hat genug Fakten geboten, die sachlich drgeboten ausgereicht hätten, um zu zeigen, wie weit Rechtsextremisten in der bürgerlichen Gesellschaft angekommen sind.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

ähm....

aber bleib doch bitte trotzdem noch...