11.9.07

Come away with me

An irgendwas muss man sich ja festhalten. Weil Conveniencefood zwar die Sicherheit bietet, überall auf der Welt überraschungsfrei satt zu werden, Conveniencehoteleinrichtungen aber dazu führen, dass es letztlich egal ist ob deine Absteige Apart oder Ibis oder Best Western heißt und in Leipzig, Frankfurt oder Hannover, in Schönefeld, Echterdingen, Fiumicino oder Orly steht.
Weil du jeden Abend auf der pseudofurnierten Bettkante des Doppelbettes sitzt und auf die Gazegardine starrst, die vor dem schallgedämpften Fenster hängt und an den Rändern von schwerem Vorhangstoff verdeckt wird. Draußen ist es dunkel. Um etwas von der Welt zu sehen, müsstest du dein Gesicht an die Scheibe pressen. Dann würdest Du Straßenlaternen und Parkplätze sehen. Wahlweise auch Zufahrtsstraßen. Etwas Abwechslung bietet höchstens noch die Frage, ob sie dir über Nacht Sakko und Hemd aufbügeln können oder du morgen schon verknittert losfährst.
An irgendwas muss man sich ja festhalten. Und deshalb klammerst du dich an die Hülle deiner Norah-Jones-CD, die im Hintergrund läuft aber von Dir nicht wahrgenommen wird, weil sie nur läuft, damit es nicht so still ist hinter den schalldichten Fenstern. Damit du die frustrierten Schritte der anderen Handlungsreisenden auf dem Flur nicht hören musst. Weil dir doch besser diese allzeit verfügbare Stimme was von Liebe erzählen soll als das frischvermählte Ehepaar auf Hochzeitsreise, dass im Zimmer neben Dir zwangsweise vögelt, weil der Flieger in den Honeymoon aufgrund einer technischen Störung ausgefallen ist.
An irgendwas muss man sich ja festhalten. Blöde nur, dass die CD-Hülle keinen Halt gibt, wenn die Gin Tonics von der Bar dich aus der Sitzhaltung in die Waagrechte werfen, sich alles dreht und du wie gestern in einen unruhigen Schlaf fällst und dich morgen schämen wirst, weil du wieder in Embryonalstellung aufwachst.
Wieso ist es eigentlich nur in Pornofilmen so, dass an der Hotelbar alleinstehende Geschäftsfrauen sitzen und angesprochen werden wollen?

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Es sind keine alleinstehenden Geschäftsfrauen sondern professionelle Huren. Aber die professionellen gehen nicht in die Hotels der Handelsreisenden, der armen Gehetzten die sich zwischen betrinken und der Hure entscheiden müssten und dann auch noch um fünf Euro feilschen.

Dieser Hotels sind für Übernachtungen. Sie verwahren über Nacht gegen Regen und Kälte. Du musst auf deinen Terminkalender sehen um zu wissen wo du bist und die pappigen Brötchen, der verpackte gefärbte Zucker den sie hier Marmelade nennen, der Käse der absolut geschmacks- und geruchsneutral ist, all das zeigt deinen Stellenwert.

Du bist ein Nichts.

Glücklich wer draussen 200 Pferde vor der Tür stehen hat und wenigstens an Autobahnschildern erkennt das er fortkommt und sich schon jetzt vor dem Ankommen fürchtet.

Noch armseliger der Flug- oder Zugreisende, der befördert wird. Der Objekt fremden unverständlichen Handelns ist und sein Leben völlig den Fahr- und Flugplänen und deren Unwägbarkeiten unterwerfen muss.

Aber selbst wenn man dann irgendwann wieder zu Hause ankommt, so ist dieses zu Hause auch nur ein Wartepunkt. Ein Startpunkt für den Beginn der nächsten Reise.

Anonym hat gesagt…

Toll. Ich als dauerreisender Businesskasper OHNE Norah Jones CD aber MIT Vielfliegersammelkarte und Bahncard bin jetzt deprimiert.

Björn Grau hat gesagt…

chica: die geschichte handelt von einem mann. moderne prinzessinnen machen das ganz anders.