25.9.07

Sick

Ich würde nicht sagen, dass Bastian Sick ein Klugscheißer ist. Aber gäbe es einen, der dies behauptete, ich wäre der letzte, der dem widerspräche.

Als Fachidiot ignoriert man ja so manchen Hype des Trivialen. Dank einer linguistischen Grundbildung denke ich bei der Sapir-Whorf-Hypothese nicht an Star Trek. Manchem Attac-Aktivisten mag es unverständlich sein, aber Noam Chomski ist für mich zunächst einmal Sprachwissenschaftler und nicht Globalisierungskritiker. Genauso ist gutes Deutsch für mich nicht das, was Kinder im Diktat eingepaukt bekommen sondern eine variable Größe. Bei Lyrik, Satire, Comedy und auch in bestimmten Romanarten ist ein kreativer Umgang mit Sprache gutes Deutsch, wie beispielsweise bei Ze do Rock. Dessen Kunstdeutsch, angelehnt an die Erfahrung, Deutsch als Fremdsprache lernen zu müssen, führt mich zu einer zweiten Definition von gutem Deutsch:
Gutes Deutsch ist, wenn Kommunikation gelingt. Und für Ausländer ist es vielleicht gelungen, wenn sie mit wenigen Wörtern und minimaler Grammatik beim Berlinurlaub dem BVG-Knecht hinterm Buslenkrad verklickern können, wo sie wieder aussteigen wollen.

Dennoch ist es legitim und auch schön, wenn mensch sich in der Vielfalt und in den Details der Sprache auskennt. Einen ordentlicher Konjunktiv nutzt zwar nichts, wenn mensch einen Döner kaufen will, aber damit lassen sich doch Leser beeindrucken. Würde Herr Sick sich in seiner Zwiebelfisch-Kolumne und dem dazugehörigen Brimborium also um eine Vielfalt des Deutschen und die Bewahrung alter Ausdrücke verdient machen, statt ein als gutes Deutsch verpacktes Sammelsurium an Willkürlichkeiten zu predigen, ich wäre sein größter Fan.

An einem Punkt hat er sich aber schon recht am Anfang seiner Zwiebelfischerei unglaubwürdig gemacht: Er hat sich in semantisches Brackwasser begeben und dabei sein Boot auf Grund laufen lassen. Es geht um seine im ersten Buch aus der Reihe "Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod" auch in meinem Freundeskreis gern besserwisserisch hervorgebrachte Kritik am Anglizismus "Sinn machen".

Zum einen: Anglizismen sind die Latinismen und Romanismen von heute. Sprache lebte schon immer durch Veränderung und Einfluss von außen. Unser Keller ist lateinisch, die Konfitüre französisch und der Kadi arabisch. Selbst Pseudofremdwörter wie unser grottiges Handy gab es schon früher. Bäckerei, Metzgerei und so weiter bekamen das -ei am Ende verpasst, weil's so vornehm französisch klang. Auch wenn Patisserei nach einem Buchstabendreher aussieht.
Wer gegen Fremdwörter wettert, und sei es nur, weil es doch ein so schönes deutsches Pendant gibt, ist von gestern. Es reicht darauf hinzuweisen, dass es auch alte Wörter gibt, die alternativ verwendet werden können (aber eben nicht müssen)

Zum andern: Herr Sick erklärt, "machen" bedeute eigentlich "kneten" und Sinn könne nicht geknetet werden. Aber leider verändern Wörter ihre Bedeutung. "Geil" war, wie jeder pubertierende Schüler weiß, einst ein botanischer Begriff und völlig harmlos. Geile Blumen, waren vor vielen hundert Jahren austreibende und blühende Blumen und nichts anrüchiges wie noch zu Großvaters Zeiten. Und heute ist das Wort weitgehend sinnentleert.
Machen ist schon lange nicht mehr nur kneten und auch nicht mehr nur eine reale Tätigkeit sondern ein Weilchen schon abstrakt zu verwenden, wie "Schule machen" zeigt.

Zum dritten: Herr Sick leitet die Bedeutung "Kneten" für "Machen" aus der Sprachgeschichte her. Das Verb "Machen" geht zurück auf die indogermanische Wurzel "mag-" , die für "Kneten" steht, so schrieb Sick in seinem Pamphlet gegen "Sinn machen" um uns zu erklären, warum im Deutschen nichts Sinn mache. Nun ist es leider aber so, dass das englische Original "to make sense" AUCH auf die indogermanische Wurzel "mag-" zurückgeht. Wäre also die Bedeutung der indogermanischen Wurzel von irgendeiner Wichtigkeit für die Richtigkeit von heute gebräuchlichen Begriffen, dürfte es auch das englische Original unseres geschätzten "Sinn machen" nicht geben.

Niemand muss "Sinn machen" mögen. Aber mit Herrn Sick, der in diesem Fall offensichtlichen Blödsinn verargumentiert, gesprochenes und geschriebenes Deutsch der Gegenwart in richtig und falsch einzuteilen, kann ganz schnell schief gehen. Liebe Graubrotleser, wenn Euch an gutem Deutsch etwas liegt, dann kauft Euch ein etymologisches Wörterbuch und eine anspruchsvolle Grammatik. Vor allem aber lest gute Bücher statt trivialer Sprachkritik.

[Update] Miss Sophie nimmt sich des Deppenapostrophs an.

34 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Zustimmung, Zustimmung, Zustimmung!
Der Ausdruck "Deppenapostroph" heißt ja in Wahrheit auch nur so, weil nur Deppen diesen Begriff verwenden. Und zeigt, dass sie noch nie auf eine "Beck's"-Flasche (sic!) geschaut haben.

nilzenburger hat gesagt…

mir ist dieser sick hype auch ein totales rätsel. ich finde ihn nicht lustig, er ist erwiesenermassen nicht sonderlich originell (die bei max goldt abgeschriebe frisöraufzählung) und jetzt habe ich endlich einen fundierten beweis, das er nicht mal besonders richtig liegt. vielen dank.

ich finde sprache auch spannend. ich liebe schachtelsätze und verquere formulierungen, die aber dennoch einen sinn ergeben. mein lieblingswort of all times ist übrigens: verschlimmbessern. leider kann man es fast nie anwenden.

bk hat gesagt…

Das macht [sick!] Sinn.

Björn Grau hat gesagt…

@läscher: Einspruch! Das Genitiv-Apostroph ist im Gegensatz zu beispielsweise "Sinn machen" keine Lehnübersetzung oder Neuschöpfung. Es führt ein graphisches Element in die geschriebene deutsche Sprache ein, das schlicht und einfach unnötig ist, da wir im Deutschen das Genitiv-S ans Wort drankleben. Dennoch fände ich eine Verwendung im Deutschen nicht sonderlich schlimm, würde es nicht zu Verwirrungen mit dem genuin deutschen Apostrophgebrauch führen oder so schlimme Dinge wie den Namen einer Berliner Dönerkette hervorbringen: By-Denni's. Hä???

Die Beck's-Flasche ist für den internationalen Markt auf englisch getrimmt. Auch schon zu Urgroßvaterszeiten.

Aber sonst: Danke! ;-)

Anonym hat gesagt…

Bastian Sick ist ein Besserwisser im wahrsten Sinne des Wortes - er weiß es besser. Oder eben auch nicht. Denn in seiner Wortklauberei vergisst er wirklich manchmal, dass es auch Logik außerhalb seiner Sprache gibt. Ich würde mal sagen, "Elfenbeinturm-Syndrom".

Anonym hat gesagt…

Ich stimme dem oben gesagten prinzipiell ja zu und wenn etwas "Sinn macht", was soll man dan dagegen sagen. Man gewöhnt sich eben an solche Ausdrücke.
Was ich aber wirklich ätzend finde ist das "Business"-Deutsch, das in den deutschen Ablegern internationaler Konzerne oder in deutschen Konzernen die international sein wollen, gesprochen wird. Diese Mixtur aus englischen "Business"-begriffen und deutschen Füllwörten ist einfach unerträglich und auch vermeidbar. Aber es scheint als Mittel zur Verschleierung von Inkompetenz ein allseits beliebtes Mittel zu sein.

[Sollte jemand im oben geschriebenen irgendwelche Fehler entdecken, darf er (oder sie) sie behalten]

PS hat gesagt…

Wenn ich so nahe einer derart angenehmer Gesellschaft bin, lasse ich mich doch gerne g'scheithaferl nennen, wenn ich Pfeifen, die kein Deutsch können, die Verwendung eines Deppenapostrophes unterstelle.
.
Alle anderen ins Kraut schießenden Tauben sollen sich bitte einer Feige bedienen.

John Dean hat gesagt…

Sick lesen kann Sinn machen.

Björn Grau hat gesagt…

@ps: "angenehmen Gesellschaft" wäre korrekt. ;-)

PS hat gesagt…

@björn grau:
stimmt...

Anonym hat gesagt…

Deppenapostroph tut weh. Auch ich stolpere darüber, schmerzhaft. Dennoch: Das ist nur die schriftliche Repräsentation von Sprache. Auch an mir ist eine gewisse Portion Linguistik nicht vorbeigegangen und ich erlebe es zu oft, daß Leute meinen, ich müsse ja genau wissen, wie man dies oder jenes schreibt. Neulich erst habe ich einen zudem noch klugscheißenden Sprachaffen gefragt, ob das Wort Sprache mit sprechen oder mit schreiben näher verwandt sei.
Herr Sick unterdessen ist meistens einfach nur langweilig und hockt auf seinem Turm als deutscher Sprachblockwart und reagiert auf die kleinste, gerne auch auf die natürlichste Veränderung des Deutschen mit keifendem Möchtegernwitz. Mehr als ein halbes Buch von ihm habe ich nicht geschafft. Einfach zu öde. Manche Sachen sind gut, das meiste ist witz- und wertlos. Selbst wenn es Sinn macht.

Anonym hat gesagt…

Was Sebastian Sick und seine Fans umtreibt ist einfach der Spaß am Gefühl, zu den Gebildeteren zu gehören. Wie hier bewiesen wird, ist es nicht nur Pedanterie, Sick ist auch ein Scharlatan.

zum "Beck's":
http://de.wikipedia.org/wiki/Beck%27s#Schreibweise

Anonym hat gesagt…

.
und gleich nochmal: .
und weil's so schön ist: .

Als ich das irgendwann mal gelesen habe, war mein erster Gedanke: Sinn kneten, was für eine schöne Metapher. Mein aufkeimendes poetisches Wohlgefallen hat sich bei weiterem Lesen der Sickschen Gedanken jedoch in schieres Entsetzen gewandelt.

@björn: Einspruch! Das Genitiv-Apostroph ist zwar keine Lehnübersetzung, sondern eine graphische Entlehnung aus dem Englischen. Nichtsdestotrotz ist es eine Übertragung aus einer Sprache in eine andere. Und unnötig ist es schon gleich gar nicht, aber den Posermodus dazu habe ich mal bei mir angeschalten ;-).

Anonym hat gesagt…

Makes sense - macht Sinn,
the who has - der wo hat,
Was ist daran so toll und heutig,
aus dem Englischen 1:1 zu übertragen?
Will gar nicht wissen, welcher Depp
sich das wieder ausgedacht hat. :)

Anonym hat gesagt…

hm, hab einen langen Kommentar geschrieben, wo isser hin?

Anonym hat gesagt…

was mich nervt ist das ausgerechnet spon die zentrale des gehobenen analphabetentums deutscher zunge so eine kolumne wagt.

ein jeglicher kehre vor seiner eigenen tür und da hätte der herr sick einen wahren augiasstall auszumisten bei spon.

dem herrn sick aber zu unterstellen er hätte ein echtes geistiges anliegen ist unredlich, der mann arbeitet nicht umsonst bei einer boulevardzeitung. er schrabt zielgruppengerecht. seine leser wollen mitreden und nicht etwas lernen oder verstehen.

spiegelleser wissen mehr, mehr auch nicht.


wenn ich noch einen kleinen klugschiß anhängen darf lehnwörter sind keine xenolinguismen, diese betreffen nur im deutschen strukturanalog importierte wendungen.

Anonym hat gesagt…

Zitat: "Gutes Deutsch ist, wenn Kommunikation gelingt"
Kommentar: Gutes Deutsch ist das nicht. Das ist in etwa vom Kaliber "Regen ist, wenn Du keinen Schirm hast, wirst Du naß".

Björn Grau hat gesagt…

@läscher (15): ich nehm mal nicht an, dass du den ersten kommentar hier meinst, deshalb: ich weiß es nicht. bei mir kam nix an. normalerweise bekomme ich alle kommentare per mail, ein langer von dir war bisher nicht dabei. willst du's nochmal versuchen?

@westernworld (16): sophie und ich schreiben von lehnübersetzungen, nicht von lehnwörtern. aber gut, dass du den begriff erläutert hast. ;-)

Anonym hat gesagt…

Hm. Daß "Deppenapostroph" sich ausschließlich auf ein den Genitiv anzeigendes Apostroph bezieht halte ich erstmal für eine gewagte Annahme. Ich kenne das Deppenapostroph hauptsächlich in Verbindung mit einem Plural, insbesondere bei nicht-Genitiv-Fällen (zB "CD's" als Regalbeschriftung in der Saturn-Filiale im Kaufhof Dortmund) oder an vollkommen sinnfreien Stellen (fiktives Beispiel "Aufback'brötchen").

Daher halte ich diesen Hype in den Kommentaren über das angebliche "Deppen"-Genitivapostroph eher für etwas weit hergeholt...

Anonym hat gesagt…

"Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod" auch in meinem Freundeskreis gern besserwisserisch hervorgebrachte Kritik am Anglizismus "Sinn machen".

Zum einen: Anglizismen sind die Latinismen und Romanismen von heute. Sprache lebte schon immer durch Veränderung und Einfluss von außen. Unser Keller ist lateinisch, die Konfitüre französisch und der Kadi arabisch. Selbst Pseudofremdwörter wie unser grottiges Handy gab es schon früher. Bäckerei, Metzgerei und so weiter bekamen das -ei am Ende verpasst, weil's so vornehm französisch klang. Auch wenn Patisserei nach einem Buchstabendreher aussieht.
Wer gegen Fremdwörter wettert, und sei es nur, weil es doch ein so schönes deutsches Pendant gibt, ist von gestern. Es reicht darauf hinzuweisen, dass es auch alte Wörter gibt, die alternativ verwendet werden können (aber eben nicht müssen)"

sorry ich fand den absatz sehr mißverständlich und hab ihn dann auch gleich mißverstanden. die angeführten beispiele sind samt und sonders lehnwörter, die am absatzanfang angeführte kategorie ist eine andere.



auf miss sophie hab ich mich nicht bezogen.

den begriff der lehnübersetzung führst du erst in den kommentaren ein.

nix für ungut and just for the record/nur für die akten. :)

Phil hat gesagt…

Mag-Kneten?

Anonym hat gesagt…

Macht Sinnmachen Sinn? Besser analyssiert als von Sick: http://fb14.uni-mainz.de/~sth/sinnweb2.htm

Björn Grau hat gesagt…

@westernworld: got it. sorry, dass ich rumgestänkert habe.

@philippp: *g*

@skeeve: danke für den link! nettee absurdität, dass es wohl gerade herrn sicks arbeitgeber war, der "sinn machen" zuerst eingeführt hat...

Anonym hat gesagt…

Deppenapostrophe finde ich tatsächlich zum Teil verwirrend, zumal das Apostroph eigentlich an anderer Stelle im Schriftdeutsch schon belegt ist. Ich spreche von Kontraktionen. "Wie geht es dir?", wird zu: "Wie geht's dir?" Total logisch, was da sprachlich passiert! Beim Genitiv ist im Schriftdeutsch dadurch z.B. besser zwischen "Andreas Wohnung" und "Andreas' Wohnung" zu unterscheiden. Wenn man zwei Freunde solcher Namen hat, kann es beim Sprechen schonmal zu Mißverständnissen kommen.

Dem Rant auf Leute, die sich über Anglizismen ärgern, stimmte ich aber voll und ganz zu. Ich habe mit denselben Argumenten immer wieder versucht zu kommunizieren, dass das eine ganz blöde Idee wäre, das Deutsche vor sprachlichen Veränderungen zu bewahren. Mein Lieblingsfreund ist ja dahingehend die Stiftung Deutsche Sprache http://www.stiftungds.de/, die selbige vor der Beschädigung durch das Denglisch der Massenmedien, Werbung und Prominenz schützen möchte. Wut!?

Ich halte generell jedes normative Eingreifen in die Sprache für fragwürdig. Die Deskription ist mir lieber als die Präskription. Ich spreche und schreibe, wie ich es für sinnvoll und sprachsensibel halte.

Björn Grau hat gesagt…

@LeV: zu deinem andreas-beispiel: bis ich den im update dieses posts verlinkten artikel von miss sophie, meiner liebsten linguistin (ich hab da ja nur grundwissen), gelesen hatte, war ich auch deiner meinung bezüglich des genitiv-apostrophs. aber sie hat echt die überzeugenderen argumente.

Flusskiesel hat gesagt…

Max Goldt hat einmal etwas sehr Kluges zum "Sinn machen" geschrieben. Er mag das "Sinn machen" zwar auch nicht, aber nicht, weil es "falsch" ist:
Seiner Meinung nach würde doch eh schon so viel "gemacht" ("Essen machen, Liebe machen ...").

Anonym hat gesagt…

@ flusskiesel

max goldt hat geschrieben, dass er "sinn machen" doof findet und "sinn ergeben" bevorzugt.

Anonym hat gesagt…

Ich würde nach diesem Beitrag nicht sagen, dass Herr Graubrot ein Klugscheißer ist. Aber gäbe es einen, der dies behauptete, ich wäre der letzte, der dem widerspräche.

:)

Und jetzt knete ich mir ein Schwarzbrot mit Nümf.

Anonym hat gesagt…

Ich verstehe die Aufregung überhaupt nicht. Bastian Sick behauptet gar nicht, daß (alte Rechtschreibung) alle englischen Entlehnungen zu vermeiden seien, sondern daß Sprache im Wandel ist und einige Anglizismen sinnvoll sind.
Immerhin stellt er Leuten mal in anderer Form als mittels Grammatikbüchern - und manche finden auch, recht unterhaltsam - Regeln zur Verfügung, wie es richtig hieße. Das heißt ja noch nicht, daß man so reden muß, aber immerhin weiß man, wie es richtig heißt. Ich rede auch, wie ich Lust habe und verwende die Regeln, die mir am besten gefallen, bin aber heilfroh, daß ich im Zweifel weiß, wie es richtig ist! Und ich wünschte, mehr Leute wüßten es, und manchen, die sonst überhaupt keinen Zugang dazu hätten, wird es so eben nahegebracht.
Dazu kommt, daß nicht nur Humor Geschmackssache ist, sondern auch, ob man auf Anglizismen oder "gute alte" deutsche Wörter steht.

Natürlich reicht es zur Verständigung völlig aus, ein paar Brocken einer Sprache zu können, doch gerade als Fremdsprachler muß man eben Regeln haben, an denen man sich entlanghangeln kann. Das weiß jeder, der irgendeine Zweitsprache gelernt hat.

Aber was red' ich eigentlich, wenn vom Herrn Graubrot nicht einmal Satzzeichen richtig verwendet werden (gleiches gilt für andere hämische Kommentatoren), und er sich als grundgebildeter Wissenschaftler rühmt, und dann ernsthaft "gutes Deutsch" als gelungene Kommunikation definiert. Kommunikation kann auch per Handzeichen und in jeder anderen Sprache gelingen (Also wirklich.).

Björn Grau hat gesagt…

Verehrte Lady Kinkling,

Sie haben Recht, von Zeichensetzung hab ich nur bedingt Ahnung. Und Korrekturlesen fällt meist mangels Lust aus. Gar nicht gut.
Aber: Für Zeichensetzung oder das Beugen der Substantive gibt es Regeln, die zumindest Schüler, grundgebildete Wissenschaftler und Beamte beherrschen sollten. Auch diese Regeln werden von Zeit zu Zeit mal verändert, sind also variabel und hinken ähnlich allen Gesetzen der Realität im Sinne von dem, was die Masse treibt, hinterher. Bei Semantik und dem verwandten Feld der Wortneuschöpfungen aber gibt es keine fixen Regeln und somit auch keine letzgültige Antwort auf die Frage "wie es richtig ist". Da gibt es nur Wörterbücher, die immer auch nach Gusto der Redakteure gewisse Ausdrücke aufnehmen und andere auslassen. Wer sich dann über nicht verzeichnete Neuschöpfungen ärgert, verrät seine konservative Ideologie. Und wenn er das wie Herr Sick im Falle von "Sinn machen" mit falschen Argumenten betreibt, dann darf ihm das unter die Nase gerieben werden.

Hochachtungsvoll,
Björn Grau

P.S.: Ich habe mit "gelungener Kommunikation" EINE Definition von gutem Deutsch aufgeschrieben, bei der mir jeder auf dem Gebiet des Zweitspracherwerbs forschende Linguist zustimmen würde. Dennoch ist es nur EINE Definition. Auch nicht die einzige von mir gegebene. Worauf ich hinaus wollte: DAS gute Deutsch gibt es nicht. Es ist immer Definitionssache.
Von mir aus darf auch jeder ein von neueren Neuschöpfungen befreites Deutsch als gut preisen. Aber dann bitte konsequent und nicht so blöde, wie Herr Sick. Dessen Pamphlete sind nicht nur mitunter sprachhistorisch falsch wie in dem von mir beschriebenen Fall. Nein, er widerspricht sich in seinen Argumenten auch gern, wie andere Sick-Kritiken zeigen, die die Leser hier teilweise auch in den Kommentaren verlinkt haben.

Flusskiesel hat gesagt…

@gonzo:

Das meinte ich auch, allerdings hat Goldt das auf eine sehr entspannte Art und Weise getan (wie für ihn ja meist üblich).

Also weniger Rotstift, sondern einfach den bevorzugten Begriff benutzen.

Ich selbst fand seine Argumente durchaus richtig und verwende einfach "Sinn machen" nicht. Ich bevorzuge eben "Sinn ergeben".

Allerdings würde ich niemals jemanden "verbessern", der "es macht Sinn" sagt oder schreibt. Das ist m.E. nach sehr wichtig.

Anonym hat gesagt…

"Was Sebastian Sick und seine Fans umtreibt ist einfach der Spaß am Gefühl, zu den Gebildeteren zu gehören."

Gibt es eine Bezeichnung für dieses Phänomen?

Menschen, die den SPIEGEL für Qualitätsjournalismus pur halten, echauffieren sich am meisten über die ach so dummen BILD-Leser.

Menschen, die es gerade so schaffen, ein Gentoo Linux aufzusetzen, echauffieren sich am meisten über ach so dumme Klicki-Bunti-Windows- und Mac OS X-User.

Menschen, die Sick gelesen haben, echauffieren sich am meisten über Deppenapostrophe, -leerzeichen und "macht Sinn".

Und ist/war es auch nicht der Kleinbürger, der sich am arrogantesten dem "Pöbel" gegenüber verhält und sich krampfhaft von diesem abgrenzt?

Mir scheint, oberhalb dieser Kleinbürger-Schicht entspannen sich die Leute wieder, nehmen sich nicht ganz so wichtig und sind toleranter gegenüber den "Unwissenden".

Flusskiesel hat gesagt…

Ich würde sagen, es handelt sich um eine Art gehobenen Spießertums.

Sind alle Anzeichen vorhanden, außer der Kleinbürgerlichkeit.

Anonym hat gesagt…

@lady kinkling... Zeichensetzung ist ein Glashaus, in das man sich selber besser nicht hineinsetzt, versteigt man sich in Kritik an selbiger.