17.9.07

Vom Erbe leben

Der jüngere von ihnen sagte zu seinem Vater: Vater, gib mir das Erbteil, das mir zusteht. Da teilte der Vater das Vermögen auf. Nach wenigen Tagen packte der jüngere Sohn alles zusammen und zog in ein fernes Land. Dort führte er ein zügelloses Leben und verschleuderte sein Vermögen.
(Evangelium nach Lukas 15, 12f.)
Zumindest in den Gleichnissen Jesu war es möglich, vom Erbe seiner Eltern zu leben, bevor diese tot waren. Spätestens aber mit dem Tod tritt der Erbfall ein und mit ein wenig Glück besteht die Hinterlassenschaft nicht nur aus Schuldscheinen.
Dennoch, bei halbwegs anständigen Menschen dauert es seine Zeit, bis man einsieht, dass niemand mehr kommen wird, diese Hemden nocheinmal zu tragen, es sei denn man selbst. Niemand wird diese Bücher lesen, diese Schallplatten hören, diese Tropfen trinken, es sei denn man selbst. Irgendwann kommt der Zeitpunkt, an dem man sich an das Zurückgebliebene wagt und es an sich nimmt und es nutzt und dabei kein schlechtes Gewissen hat, sondern sich daran freut, welch gute Dinge der Verstorbene um sich versammelt hatte, weil die Dinge ja auch zeigen, was für ein Mensch der Verstorbene war. Und wenn mir seine Dinge gefallen, dann auch, weil er mir gefallen hat.

Am Samstag abend lag ich auf meinem Bett und auf dem alten Plattenspieler meines Vaters drehten sich die alten Beatlesplatten meines Vaters und ich genoß es zu überlegen, welchen Malt ich mir jetzt eingieße oder ob es doch der Apfelbrand sein sollte. Als der 12 Jahre alte Deerstalker zu wirken begann und die Pilzköpfe mit leichtem Knacken und Rauschen "You've got to hide your love away" sangen und die Frau ihren Kopf an meine Seite schmiegte, da habe ich mich das erste Mal seit dreizehn Monaten schmerzfrei und gänzlich froh an den alten Herrn erinnert.

(Ohne den Karpaten wäre das alles so nicht möglich gewesen. Er hat den Plattenspieler repariert und mich, die Platten und den Schnaps quer durch die Republik gefahren. Danke.)

6 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ich freu mich für Dich, auch wenn das begrifflich sicher etwas fehl am Platze scheint. Ich kann das auch gut nachfühlen...

Anonym hat gesagt…

gern geschehen!

Anonym hat gesagt…

Siehst du, ich hatte nicht ganz unrecht.
"Es hört nie auf, aber es wird leichter."
Ich freu mich für dich.

Anonym hat gesagt…

Wie schön, daß Du das inzwischen erleben kannst.
Auch ich freue mich darob für Dich.

Björn Grau hat gesagt…

ihr seid lieb.

Anonym hat gesagt…

Schönes Erlebnis. Schöner Text.