Don't toot your horn honey, you're not that good.
Bei einem abendlichen Gespräch über die Mafia kamen die sich Unterhaltenden bei Linguine con Vongole automatisch auch auf den Paten zu sprechen. Da gibt Al Pacino mit wunderbarer Traurigkeit den zum bösen Leben gezwungenen Gutmenschen. Großartig ist, wie er seinen Hundeblick mit einer inneren Zerfressenheit kombiniert und den jungen Corleone als einen zeichnet, der an seiner eigenen Brutalität leidet. Als junger Kubaner mit einem zu hohen Testosteronspiegel und zu viel Aggros wirkt er in Scarface wesentlich tumber.
Womit ich bei meinem eigentlichen Thema angelangt wäre: Brian de Palma-Filme:
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Der gute Brian weist uns als Zuschauer ja geradezu mit dem Holzhammer darauf hin, dass seine Werke auch allegorisch zu verstehen sind. In „Scarface“ fliegt ein Zeppelin am nächtlichen Himmel über Toni Montana hinweg und gaukelt ihm im Werbe-Neon vor: „THE WORLD IS YOURS“. Wären wir so gar nicht drauf gekommen, dass es dem Kuba-Flüchtling Toni darum geht, aus seinem Underdog-Status auszubrechen und sich die Welt (des organisierten Verbrechens) anzueignen. Jetzt wissen wir’s. Dank Brians Zaunpfahl. Am End, wenn Toni es übertreibt mit seinem Aufstieg und der Machtakkumulation stürzt er von MG-Kugeln durchsiebt von der Balustrade in den Springbrunnen. Zu diesem gehört ein Globus mit einem Neonschriftzug: „THE WORLD IS YOURS“. Ja, wir haben verstanden, dieses Versprechen ist so kalt und unwirklich wie das Neonlicht. Sonst würde Toni jetzt auch nicht tot ausbluten. Oder?
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Trotz dieser doofen Offensichtlichkeit der Bildsprache gibt es gute Gründe, Scarface einen Platz in der Kinogeschichte einzuräumen (Pop-Ästhetik, Vorbild für die Ikonographie der HipHop-Filme,...). Das ist bei dem 2002er Machwerk „Femme Fatale“ vom alten Brian definitiv nicht der Fall. Was für eine notgeile Altmännerphantasie! Handlung tut nichts zur Sache. Ausgelöst wird diese aber durch einen Fotografen, der aus dem Fenster seiner Wohnung heraus den Platz vor seinem Haus Stück für Stück fotografiert und sich aus den Abzügen eine Collage des Platzes an die Wohnzimmerwand bastelt. Auf einem Bild entdeckt der Fotograph (schon wieder ein Schauspieler, der vor allem Hundeblick kann: Antonio Banderas etwas, das ihn stutzig macht. Auf einmal passen Collage und die angebliche Realität nicht mehr zusammen und De Palma kommt endlich auch in der Postmoderne an. Wie billig ist das denn, die Erkenntnis von subjektiver und fragmentaler Weltwahrnehmung durch eine Photocollage darzustellen? Aber Brian meint es ernst und zieht das Motiv der Fotocollage durch den ganzen Film mit doppelten Identitäten durch...
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Sein aktueller Film „The Black Dahlia“ will unbedingt die Gefahren der Scheinwelt Hollywoods kommentieren. Das geht am besten, wenn Ästhetik und Story im Archiv der Traumfabrik ordentlich wildern. Coole Cops, echte Diven, ein bisschen Action, ein bisschen Schmachten, ein bisschen Film Noir, ein bisschen psychologisches Kammerspiel, ein bisschen Arthouse. Nichts halbes und nichts ganzes. Schon wieder eine Collage... (Ja, heute ist alles Zitat, Palimpsest und Kommentar, ich bin da schon auch so ähnlicher Ansicht. Aber ich will es nicht so plakativ sehen müssen!) Und als Leitmotiv der Clown dessen Lachen zur Fratze verkommt. Also mit einem Bild wieder der ganze Film erklärt...
Kulturkritik für Anfänger... Aber eins kann er, der Brian: Er hat ein Händchen für tolle weibliche Rollen! Sowohl Michelle Pfeiffer in Scarface als auch Hillary Swank als schwarze Dahlie sind großartig! Apropos Hillary: Eine extrem beeindruckende Leistung bietet sie in Insomnia. Auch nicht der große Wurf als Film, weil vor allem die Krimi-Nummer sehr vorhersehbar ist. Aber die schauspielerische Leistung von Hillary und Al Pacino(schon wieder...), dieses Aufeinanderprallen von kaputtem Großstadtbullen und grundguter Provinzpolizistin mit viel zu viel Idealen ist energiegeladen.
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