2.12.06

Welt-Christkindlmarkt-Tag

Gestern war Welt-AIDS-Tag. Zu solchen Tagen habe ich ein ambivalentes Verhältnis. Einerseits sind sie Alibi-Veranstaltungen für die Betroffenheit und das Bekenntnis derer, die sich sonst nie um derlei kümmern. Anderseits bieten Welt-Irgendwas -Tage auch die Chance, auf Sachen aufmerksam zu machen.
Die Tagesschau von gestern abend hat diese Chance vergeigt. Zwar war es für den wissenden Zuschauer ganz spannend zu sehen, wer von den Bundestagsabgeordneten die rote Schleife trug und wer nicht... Das Thema AIDS selbst aber bekam lediglich den Status einer vom Blatt abgelesenen Meldung. Immerhin 30 Sekunden war es den Nachrichtenmachern wert. Allerdings ohne auf die neuen alarmierenden Zahlen aus nah und fern einzugehen. Schade. Das hilft nicht gerade dem neuen Unwissen über diese Krankheit entgegenzuwirken.
Was meiner Meinung nach dann aber den Vogel abschoss, war die auf die AIDS-Meldung folgende Bildreportage. Mit 33 Sekunden Länge 10 Prozent länger und dank Filmmaterial nochmals gegenüber der spröden Textmeldung aufgewertet, berichtete die Tagesschau vom Christkindlmarkt in Nürnberg. Der steinerweichend erbärmliche O-Ton vom Christkindl und die Info, dass die Verkäufer im Vorfeld von einem Kommunikationstrainer geschult wurden, lassen den Bericht zwar zur Realsatire werden (oder sollte das Ironie sein, liebe ARD?), aber die Informationsgewichtung gestern abend in der meistbeachteten Nachrichtensendung der Republik ist in diesen Fall mit anti-aufklärerisch noch milde bezeichnet.

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