24.1.07

Sieben Nominierungen? Habt Ihr da was nicht verstanden?

Der Film ist schlecht.
Schaut ihn Euch nicht an.
Er hat keine sieben Nominierungen verdient.
Auf keinsten aber die für den besten Film.
Nein ich will nicht über die Aussagekraft der Academy-Awards diskutieren.

Sondern über Babel.

Schon der Titel ist falsch. Er suggeriert Sprachverwirrung (mehr dazu in der Bibel) Aber in dem Film verstehen sich eigentlich alle:
Der amerikanische Tourist findet in Marokko selbst mitten in der Wüste noch Tierärzte, Englisch sprechende Jungmänner oder Telefone, mit deren Hilfe er versucht, seine lebensgefährliche verletzte Frau zu retten. Die mexikanische Nanny weiß, dass es gefährlich ist die weißen Upper-Class-Kids illegal mit nach Tijuana zu nehmen, der junge Mexikaner weiß, dass er besoffen nie durch die Passkontrolle des US-Grenzschutzes kommt, selbst das taubstumme japanische Mädchen findet bei aller Kommunikationsverweigerung der anonymen Masse gegenüber einer Unnormalen wie ihr doch noch einen einfühlsamen Zuhörer. Mal davon abgesehn, dass Kommunikationsverweigerung nicht das gleiche ist wie Sprachverwiruung.
In Babel geht es um die bescheuerte Einwanderungspolitik der USA, um die Arroganz der USA gegenüber kleinen afrikanische Ländern und deren medizinischen Versorgung (die US-Botschaft verhindert einen schnell möglichen marokkanischen Krankentransport für die Verletzte, weil sie lieber langwierig einen Heli der eigenen Streitkräfte beordern...) und um eine durch den Selbstmord ihrer Mutter traumatisierte junge Taubstumme.
Klar, das kann alles als Kommunikationsproblem aufgefasst werden. Das Problem ist in dem Film aber meist, dass ein paar (billig: meist Männer, gern US-Beamte) sich in der Kommunikation nicht auf andere Argumente einlassen wollen. Aber alle, die wollen, können sich verstehen. Und genau das meint der Mythos Babel nicht. Da kann niemand mehr den anderen verstehen.

Ansonsten machen ein paar poetisch-verzögerte grandiose Bilder noch keine Kunst. Vor allem, wenn die Verlangsamung der Bildfolgen eine platte Aussage bekommt. Gefühlte zwanzig Minuten sehen wir, wie die Taubstumme in der Disko ist. Mal aus ihrer Perspektive (Lärm weg, nur noch ein dumpfer Bass, den wohl auch die Allertaubste noch spüren wird), mal von aussen (Diskohit aus dem vergangenen Jahrzehnt in ordentlicher Lautstärke). Was sollen uns diese Bilder sagen? Mir fiel nach den ersten zwei Perspektivwechseln nicht mehr ein, als dass hier die Fremdheit der beiden Welten Disko/Taubheit illustriert werden sollte. Aber da hatten die gefühlten zwanzig Minuten noch nicht richtig angefangen...

Ach ja, und eine Story so gezwungen zu verknüpfen, wie in diesem Film (eingentlich hat der Japan-Teil des Films nichts aber auch gar nichts mit dem Rest zu tun), ist doof. Und die Verschachtelung und die Zeitsprünge von Pulp Fiction zu kopieren, ist langweilig. Und über die unmotivierte Darstellung des gerade frisch pubertierenden Hirtenjungen beim Onanieren lass ich mich jetzt gar nicht aus.

Einzig die Schauspieler waren gut. Weshalb ich mit dem Oscar für die beste weibliche Nebenrolle für Adriana Barraza voll einverstanden wäre.
Aber doch nicht bester Film!

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Den Film hab ich leider noch nicht gesehen, wollte nur mal anmerken, dass der Turmbau zu Babel nicht hauptsächlich Missverständnis bedeuten muss, sondern auch für Zivilisationskritik (aus Richtung des Nomadentums) stehen kann bzw. für Selbstübermaßung.

Danke für die Kritik, sowas mag ich!

Anonym hat gesagt…

hi björn. ja, re-publica hört sich sehr interssant an, aber ich weiß nicht, ob ich zeit finde. gehst du dahin?

und danke für die filmkritik. wollte den film unbedingt sehen, weil ich eben das mit babel verbinde, was du auch meinst und natürlich was hermann stein meint. die metapher babel in heutigen zeiten ist natürlich ganz schön bedeutungsschwanger. ehrlich gesagt finde ich es interessant, wie im kino kulturgut verarbeitet wird. hab mir gestern den neuen scorcese angeschaut "departed: unter feinden". der satz von costello, dem mafiosi z.b.: costello zu costigan (noch als kind): "bist du gut in der schule?", costigan nickt, costello antwortet darauf: "das ist das parodoxon". schon krass. und ständig diese anspielungen. das find ich beim film interessant.

Björn Grau hat gesagt…

Voll Deiner Meinung, Albert.
Departed ist toll. Nicht wegen der etwas konstruierten duell-artigen Story, sondern trotzdem. Weil dieser Film zugibt, eine Konstruktion zu sein. Weil er intelligent zitiert und das zugibt. Und weil er dennoch über so manches nachdenken lässt. Und weil er den Schatz an coolen Sprüchen vergrößert hat. Und...