13.2.07

Notes on a Berlinale-evening

Der Freund, den LeserInnen der ersten Tage mit cosmo! assoziieren könnten, und ich, wir waren gestern bei der Berlinale.

1. Wie bekomme ich Karten für eine Berlinale Premiere?
Wie bereits geschrieben waren die für gestern erst mal ausverkauft. Also blieb die Restkartenausgabe kurz vor Filmstart, die offiziell eine halbe Stunde vor dem Beginn der Abendveranstaltung losgeht. Wir waren anderthalb Stunden vor dem angekündigten Beginn da und kamen damit später als rund 40 andere. Eine Stunde vor Beginn gab es rund 20 Restkarten zu verteilen. Als die vergriffen waren sagte ein Festival-Scherge dem hinteren Ende der Warteschlange, er sei gerade darüber informiert worden, dass es nun keine Karten mehr gebe, wir könnten/sollten also nach Hause gehen. Das taten dann auch viele hinter uns.
Aber keiner vor uns in der Schlange.
Auch der Mann im Kassenraum ging nicht.
Eine Dame aus der Schlange ging dann zu ihm und fragte, ob denn wirklich keine Chance mehr auf Karten bestünde. Doch die bestehe noch, sagte der, denn nach der Promibewunderung vor dem Film würden immer einige rausgehen (Presseleute, die denn Film schon in der Pressevorführung gesehen haben zum Beispiel) und deren Plätze sind dann wieder zu haben. Diese Plätze würden aber erst rund 25 Minuten nach Veranstaltungsbeginn zu besetzen sein. Also noch mal fast ne Stunde in der Schlange stehen?
Nö.
15 Minuten später hatte der Kassenmann plötzlich wieder nen Stapel Eintrittskarten, der weit bis hinter uns reichte. Übrigens zum halben Preis.
Da nach der Promibewunderung diesmal nicht nur Presseleute ihre Plätze räumten sondern auch die über 20 KulturministerInnen der EU (siehe unten mehr) den Saal verließen, gab es gestern mit etwas Geduld also gut hundert Karten für die Film-Premiere noch an der Abendkasse. Sag also niemand, da käme mensch nicht ran.

2. Shootingstars Award 2007
Bevor wir den Film schauen durften (siehe unten mehr), wurde der 10. Shootingstars-Award vergeben. Für jedes EU-Land gabs ein zu ehrendes Nachwuchstalent (u.a. die tolle Jasmine Trinca für Italien).
Moderiert wurde das Ganze von der mir bis jetzt nicht wirklich bekannten Loretta Stern (deren Homepage bis(!) 2004 „redesignt“ wird), die unglaublich viele ähs in eine Moderation packen kann und die die unglaublich peinliche Frage an Cate Blanchett stellte, ob denn „the Oscars“ wirklich der wichtigste Filmpreis der Welt seien. Was soll Frau Blanchett denn auf der Berlinale antworten???
Der deutsche Kutlurstaatsminister durfte dann einmal im Interview und einmal in seiner Begrüßungsansprache sagen, dass europäische Filme ganz doll und auch dolle wichtig sind. Damit die Redundanz nicht so auffiel wurde er von Frau Stern recht unmotiviert gebeten, die Ansprache nicht mehr an ihrer Seite, sondern am dafür extra bereit gestellten Rednerpult zu halten.
Judy Dench hatte die Ehre, dem ersten auf die Bühne eilenden europäischen Jungstar seinen Preis zu überreichen und wollte das ihr dabei zur Verfügung stehende Mikrofon dann auch nutzen, um ihm ein mühsam auswendig gelerntes „Härtslychan G..gluckwinsh“ entgegenzubringen. Das interessierte die Regie herzlich wenig, weshalb sie ohn Unterlass ein Shootingsternchen nach dem anderen per Einspieler aufrufen ließ und Frau Dench irgendwann irgendeinem der Jungtalente ihr Sprüchlein in eine stille Sekunde hinein zurief.
Für den kleinen Umbau zwischen Award-Verleihung und Präsentation des ja eigentlich auf dem Programm stehenden Films sollten sich die Damen Dench und Blanchett laut der Anweisungen der Moderatorin Stern auf die Sessel am Bühnenrand bequemen. Dann gab Frau Stern Anweisung den Bühnenvorhang herabzulassen, die Regie folgte und die Hauptdarstellerinnen des Premierenfilms verschwanden einsam hinter dem schweren Stoff..., hinter dem sie dann wie die Umbauhelfer bei der Theaterderniere hervorkriechen mussten, um sich vor dem Filmstart wieder an ihre Plätze begeben zu können.
Ja, die Berlinale ist auf jeden Fall wichtiger besser professioneller als „the Oscars“!

3. Wie war den der Film?
Ach so ja, da war noch was.
Wir waren ja auf der Premiere von „Notes on a Scandal“.
Nicht mehr ganz junge Kunstlehrerin hat Affäre mit minderjährigem Schüler und gerät damit in die Fänge einer alten liebeshungrigen und vom Leben tief enttäuschten Lesbe. Toll gespielt von allen drei Hauptakteuren. Dass der junge Andrew Simpson neben dem Weltstar Blanchett so locker provokant den jugendlichen Spieler mit Faible für die Kunstlehrerin gibt, ist ne ganz große Leistung (vor allem, wenn mensch zum Vergleich seinen Auftritt zuvor auf dem roten Teppich noch im Hinterkopf hat). Frau Dench ist gut wie immer, wenn sie brüchige Figuren spielen darf. Und Cate Blanchett als mittelalte Frau zwischen Mutterrolle und dem Wunsch nach wildem Leben überzeugt genauso. Besonders groß die Szene, in der sie sich erst völlig überschminkt und dann die ganze Farbe unter ihren Tränen zur Fratze zerläuft.
Leider trägt die Story auf Dauer nicht. Einige Längen und etwas zu wenig Fallhöhe sowie zu eindeutige Musikuntermahlungen tragen dazu bei, dass der Film kaum mehr als drei von fünf Sternen von mir bekommen könnte. Auch das Ende ist mir zu konventionell. Falls Ihr Euch den Streifen selbst anschaut: Ich hätte den Schluss ja mit Shebas abgefahrenem Sich-der-Presse-stellen gesetzt.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Das macht doch Hoffnung. Ich hab's gleich an Berlinale-süchtige Freunde weitergepetzt. Dann gibt es nächstes Mal wirklich keine Tickets mehr, weil niemand mehr kurz vor Toresschluß seinen Platz in der Schlange aufgibt, hehe.
Frau ZvZ