"Wir waren unfähig, richtig zu kommunizieren."
Das Zitat, dass diesen Beitrag als Überschrift ziert, stammt von Lars Göran Josefsson, dem Chef des schwedischen Staatskonzerns Vattenfall. Bezogen war es auf das Verhalten der deutschen Tochterfirma Vattenfall Europe bezüglich der kleinen (ähemm) Unfälle in ihrem Atomkraftwerk Brunsbüttel.
So richtig kommuniziert hatte Vattenfall aber schon im Mai nicht, als sie Strompreiserhöhungen ankündigte und dazu gleich den Kunden ein neues Tarifsystem per Werbebrief offerierte, aber den günstigsten Tarif unerwähnt ließ...
Schon vor dem Desaster rund um das brennende Trafo-Häuschen im AKW Brunsbüttel (das mittlerweile wegen weiterer Mängel komplett abgeschaltet wurde) sind über 40.000 Kunden den kommunikationsunfähigen Schweden weggelaufen. Seither werden noch ein oder zwei weitere dazugekommen sein.
Ehemalige Kunden bekommen von den Schweden einen Abschiedsbrief. Darin stellen sie klar, dass ich trotz des Anbieterwechsels weiterhin mit ihnen zu tun haben werde. Sie besitzen nämlich das Netz, über das der Strom geliefert wird.
Und so weisen sie mich als ehemaligen Kunden darauf hin, dass
"[d]ie Entgelte für diese Dienstleistung [...] zwischen Vattenfall und Ihrem neuen Lieferanten abgerechnet [werden]."Danke für die Information. Weiter erfahre ich, dass Vattenfall als Netzbetreiber weiterhin meinen Stromzähler ablesen wird, bei Störungsfällen zuständig sein wird und bei Lieferschwierigkeiten meines neuen Anbieters für diesen einspringt (und das dann direkt mit mir dank eines Stromliefervertrag "im Rahmen der Ersatzversorgung" abrechnet).
Freundlicherweise weisen sie mich auch noch darauf hin, dass ich bei einem Umzug mindestens sechs Wochen im voraus meinen Anbieter mit der Stromlieferung an die neue Adresse beauftragen soll, denn:
"Nur mit diesen Informationen kann Ihr Lieferant die Netznutzung bei der Vattenfall Europe Distribution Berlin GmbH vollständig und rechtzeitig anmelden."Sollte diese Anmeldung nicht vollständig und rechtzeitig erfolgen, bekomme ich meinen Strom wieder im Rahmen und zu den Kosten der "Ersatzversorgung" von Vattenfall geliefert.
Langer Rede kurzer Sinn: Es lohnt sich nicht, uns den Rücken zu kehren, wir sind überall.
Deshalb folgt dann unter Punkt sieben die rhetorische Frage:
Warum sollte ich wieder zu Vattenfall wechseln?Ja, warum eigentlich? Weil Vattenfall mir im Mai Informationen vorenthalten hat? Weil Vattenfall seine AKWs gerade mal ausnahmsweise nicht im Griff hatte (remember Forsmark?)? Oder weil so eine Frage nicht auch zurückhaltender gestellt werden kann?
Schön auch der letzte Punkt des Briefs:
Kann ich [also der ehemalige Kunde] der Zusendung von Informationsmaterial von Vattenfall widersprechen?Die Antwort lautet zusammengefasst:Ja, wenn ich den Widerspruch über eine kostenpflichtige Service Hotline (3,9 Cent/Min aus dem Festnetz) kund gebe. Das mag für manchen günstiger als der Ortstarif sein, aber eine E-Mail würde mich als Besitzer einer Internetflatrate nichts kosten, lieber Vattenfall-Kundenservice.
Optimale Kommunikation mit dem Verbraucher stelle ich mir anders vor.
Es wird dringendst Zeit, den Stromkonzernen die Netzhoheit zu nehmen. Und Vattenfall muss wohl noch viele Kunden verlieren, bevor sie von ihrem hohen Ross herunterkommen.
2 Kommentare:
Falsche Schlussfolgerung. Die Netzhoheit muss in einer Hand bleiben, allerdings der staatlichen und nicht der privaten.
Private Betreiber sind an Gewinn interessiert und werden daher nötige Investitionen in das Netz auf einem absolutem Minimum halten bzw noch darunter. Das Interesse sollte jedoch nicht dem Gewinn gelten sondern der Versorgung und das kann nur der Staat gewährleisten. Mit einem noch weiter geöffneten Markt wird alles noch schlimmer, da die Anbieter sich dann kaputt konkurrieren ..zu Lasten des Kunden.
Hab ich geschrieben, dass die Netze den privatisierten Stromkonzernen weggenommen werden sollen, um sie eigens zu privatisieren?
Nein habe ich nicht.
Ich habe geschrieben, dass die Netze den Stromanbietern weggenommen werden müssen. Und dann hielt auch ich es für richtig, sie wieder in allen Bereichen zu verstaatlichen, damit solche Nutzungsgebührenspielchen wie beschrieben nicht mehr möglich sind.
Die Stromerzeugung muss meinetwegen nicht zum Staatsmonopol werden. Da wären mir kleine Genossenschaften, Stadtwerke etc., die atomstromfrei produzieren deutlich angenehmer.
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