4.9.07

Die Seele verkaufen für ein wenig Macht

Wie tief kann ein Mensch sinken, wenn er ein politisches Amt hat?

Dass der Regierende Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit, laut Berliner Zeitung vorschlägt, seinen Amtsvorgänger für "hervorragende Verdienste um die Stadt" zu ehren, ist peinlich genug.
Der Ehrenkandidat, Herr Diepgen, ist nicht nur Teil der selbst bei Parteifreunden als provinziell und unfähig verschrieenen Berliner CDU. Nein, unter seine Amtszeit fällt der Berliner Bankenskandal (in den enge Partei- und Studienfreunde von ihm versunken sind) und die heute kaum mehr in den Griff zu bekommende Verschuldung der Bundeshauptstadt. Schon seine politischen Gehversuche sind skandalumwittert: Als Mitglied einer an der Freien Universität seinerzeit verbotenen Studentenverbindung hat er versucht, AStA-Vorsitzender zu werden.
So jemand muss nicht geehrt werden, nur weil er viel zu lang regieren durfte. Aber der Herr Wowereit sieht das wohl nicht so eng. Was auch immer er mit dieser Ehrung bezwecken will.

Diese Ehrung wird wohl am ersten Oktober über die Bühne gehen. Also müssen wohl auch neben den Seantsmitgliedern der Wowereitschen SPD die der anderen Berliner Regierungspartei zugestimmt haben: Die "Linken". Und deren Alphatierchen, Ex-Grüner und nun Wirtschaftsenator Harald Wolf, scheint den Informationen der Berliner Zeitung zufolge, diese Ehrung seinen ParteigenossInnen schmackhaft machen zu wollen. Sein Argument sinngemäß: War ja nicht alles schlecht, damals.
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Nein, historische Vergleiche zu anderen "Politikern" unter denen nicht alles schlecht war, sind nicht angebracht. Und dass die SPD alles hat, aber keinen festen Standpunkt, wissen wir auch nicht erst seit diesem Wowereitprojekt. Vielleicht bleibt der "Linken" (oder ihren Mitgliedern im Berliner Senat, der die Ehrung vergibt) auch kaum etwas, als am Ende zuzustimmen, will sie nicht bei den älteren konservativen bürgerlichen (West-)Berlinern nicht als kleingeistig gelten. Vielleicht hat Wowereit hier den Koalitionspartner mal wieder überrascht und damit erpresst.
Vielleicht aber sollte soviel parteipolitisches Gewissen und ideologische Überzeugung vorhanden sein, dass Wowereit mit diesem Husarenstückchen nicht durchgekommen wäre in der Regierungskoalition. Diejenigen, die die "Linke" mit einer Weigerung verprellt hätte, wählen sie eh nicht. Die eigene Wählerschaft scheint zumindest Herrn Wolf und den anderen "Linken" im Berliner Senat ziemlich egal zu sein.

Manchmal müssen Kompromisse sein. Wenn die aber zum Verlust des eigenen Profils führen, wird hoffentlich auf den Rausch der Macht ein fetter Kater folgen.

(Editionsnotiz 18:32 Uhr: Der Text stand kurzzeitig in einer Version hier, die vermuten ließ, die Ehrung Diepgens sei noch nicht beschlossen. Das habe ich geändert, v.a. durch das Einfügen von Prätertalformen bei den Verben.)

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

"War ja nicht alles schlecht, damals.
..."

wußte gar nicht das uns ebbi auch autobahnen gebaut hat.