7.11.07

Vertrauen ist besser

Gegen 18:15 Uhr versammelten sich gestern in Berlin nach meiner eigenen Zählung zunächst gut 200 Menschen auf den Treppen des Reichstages, um dort eine spontane Mahnwache für den Datenschutz und gegen die Vorrats- datenspeicherung abzuhalten. Nach der etwas drögen Protestkundgebung neben dem Reichstag, an der wohl keine 1500 aber doch deutlich über 500 Menschen teilnahmen, war diese Mischung aus Präsenz zeigen, die Grenzen der Bannmeile testen, Volkslieder singen und Clownsperformance die wesentlich wohltuendere Aktion.
Irgendwie protestiert mensch ja, solange nicht wiederholt Zehntausende auf der Straße sind, zu großen Teilen für die eigene Selbstbestätigung. Und natürlich war es richtig, bei der offiziellen Protestveranstaltung noch einmal erläutern zu lassen, warum es notwendig ist, gegen die Vorratsdatenspeicherung zu kämpfen. Aber es waren eben auch Predigten vor Gläubigen. Daran hatte allerdings auch das Amt in Berlin mitgewirkt, das beschlossen hatte, die Demo in den dunklen Tiergarten hineinzuverlegen, so dass garantiert alle unser Anliegen ignorieren konnten (was dann aber doch nicht ganz so war: ausführlicher Pressespiegel hier).
Gerade deshalb war es besonders gut, dass sich eine größere Gruppe nach der offiziellen Veranstaltung ohne jegliche Genehmigung spontan über die Straße vor den Eingang des bundesdeutschen Parlaments begeben haben und dort vor Ort gezeigt haben, dass sie sich nicht damit abgeben, ihren Protest in den dunklen Park zu rufen.

Natürlich haben auch das nur noch ein paar Polizisten (deren Nicht-Präsenz den ganzen Abend über extrem überrascht hat) und einige Touristen mitbekommen. Aber das waren mehr als auf der Veranstaltung zuvor. Und es hat gezeigt, dass es einige Entschlossene bei diesem Thema gibt. Und nach 4 Jahren Demo-Erfahrung in Berlin behaupte ich jetzt mal: Ich hatte den Eindruck da waren neue Gesichter dabei (mindestens eins ;-)).

Weniger wetterabhängig und (bedenkt mensch die bisherhigen Datenschutz-Urteile des Bundesverfassungsgerichts) mit größeren Aussichten auf Erfolg als eine Demo ist es im konkreten Fall wohl, sich der laufenden Verfassungsbeschwerde gegen das geplante Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung anzuschließen.

Warum ihr das dringend tun solltet, erklärt in knappen Worten m.E. der Beitrag im heutejournal von gestern ganz gut. Zwei Anmerkungen zu diesem Beitrag aber vorweg: Es ist hoffentlich offensichtlich, dass ich der Bundes- justizministerin nicht zustimme, die in diesem Beitrag feststellt, dass nicht der Staat selbst, sondern die Telekommunikationsunternehmen die Datenspeicherung auf Vorrat leisten müssten. Das ist in der Sache richtig, aber macht es das besser? Was, wenn die Unternehmen diese Daten durch Diebstahl verlieren oder aufgrund von Geldgier illegal weiterverkaufen? Und wenn der Moderator eingangs behauptet, die Bundesregierung habe die Tragweite des Gesetzes im Vergleich mit den EU-Plänen bereits heruntergehandelt ist das nur die halbe Wahrheit. Denn noch ist es mehr als unsicher, ob die EU-Pläne rechtlich binden sind für die BRD (es muss also momentan NICHTS beschlossen werden). Und auch wenn die BRD dafür gesorgt hat, dass die Daten "nur" ein halbes Jahr gespeichert werden sollen (wer überwacht eigentlich die Löschung?), an anderen Punkten geht der deutsche Gesetzentwurf über die EU-Pläne hinaus. Ausführliche Infos gibt's hier.

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