Bonzen im Weg
Seid rund vier Wochen erfahre ich Berlin mit dem Rad. Eines hat sich seitdem noch stärker in meinen Überzeugungsschatz verfangen denn zuvor: Fahrradfahrer sind die größten Arschlöcher im Straßenverkehr.
Diese verhinderten Kamikaze-Lances, die ohne Rücksicht auf ihr oder anderer Leute Leben durch die Stadt heizen, haben mein Leben als Fußgänger gefährdet, haben mich bei den zweieinhalb Autofahrten, bei denen ich in Berlin selbst am Steuerrad saß, in die Nähe irreparabler Herzschäden gebracht und gefährden auch jetzt mein Leben als Radler selbst.
Da wird nicht links, nicht rechts geschaut, Verkehrszeichen werden nicht einmal als Empfehlung wahrgenommen, Bremsen, Licht und vor allem Klingeln fehlen an den Drahteseln der Berliner serienmäßig. Immer feste druff, wer nicht ausweicht, wird kommentarlos umgemäht. Bloß nicht kommunizieren ist des Berliner Pedalritters Devise.
Damit keine Unklarheiten aufkommen: Ich schimpfe nicht auf die Velokuriere der Stadt, die können in aller Regel so gut fahren, dass sie gar nicht auffallen. Ich meine den Berliner Durchschnittsradler.
Dessen besonders gefährliche Ausführung ist das naturbekiffte Hippiemädchen, die cordhosentragende Sinologin unter den Radfahrern, Die strickende Grundschullehrerin auf zwei Rädern. Die fährt diesen auf fahrlässige Tötung anderer ausgelegten Stiefel nicht, weil sie wie das Tier im männlichen Radfahrer höherschnellerweiter will, sondern, weil sie gar nicht merkt, dass ihre kleine Traumwelt rein gar nichts mit den Straßen Berlins zu tun hat. Diese Dumpfbacken rauschen auf ihren meist völlig verkehrsuntauglichen, nur noch vom rosafarbenen Lack zusammengehaltenen Rostschleudern nicht aufgrund testosterongesteuerter Selbstüberschätzung ungebremst von links in eine Vorfahrtsstraße. Dann nämlich wüssten sie um das Risiko, dass sie gerade eingehen, das würde sie dann nämlich aufgeilen. Nein, sie denken sich leider einfach: nichts. Wozu auch. Geht ja meistens gut.
Natürlich sind wir Radfahrer trotz der Nichtbeachtung der Grundregel "Augen auf im Straßenverkehr!" trotz allem immer die besseren Menschen im Vergleich mit den Automobilisten. Weil unsere Ökobilanz die richtige ist, weil wir uns fit halten. Den Vergleich des Raseranteils pro Fortbewegungsmittel im Berliner Straßenverkehr aber gewinnen wir locker. Und so sehr ich Autofahrer als Umweltverpester ächten sollte, als Partner im Verkehrsfluss schätze ich sie ungemein.
Natürlich gilt auch hier, dass es keine Regel ohne Ausnahme gibt. Wie es vereinzelt anständige Radfahrer gibt (mich), gibt es auch Autofahrer, die jede Radfahrerin im Arschlochsein locker in den Schatten stellen:
Auf meinem täglichen Radweg gibt es genau eine Stelle, die immer, wirklich immer und jegliche StVO missachtend zugeparkt ist. Es handelt sich bei den auf dem Radweg abgestellten Fahrzeugmarken um Porsche, Ferrari, Jaguar. Sie stehen vor dem Laden für Golferausrüstungen. Wo sonst.
10 Kommentare:
Oh vielen Dank für diesen ach so treffenden Post. Damals, vor nunmehr leider schon drei Jahren, als ich Berlin das letzte Mal besuchte, hatte ich als armer, nicht ortskundiger Autofahrer genau diesen Eindruck. Und ich muss sagen, es treibt einem einen schieren Angstschweißwasserfall aus allen Poren, wenn man, Laptop mit Map&Guide auf dem Beifahrersitz, um sich wenigstens einbilden zu können, man wüsste, wo man ist und wie man zum Ziel kommt, auch noch mit den Gepflogenheiten der Masse der Berliner Radfahrer umgehen muss. Wie die teilweise auf/über frequentierte Straßen fegen, grenzt nicht mehr nur an Suizidabsichten. Ein absoluter Krampf.
Großartig. Danke.
Ich plädiere allerdings dafür, die Bezeichnung Kamikaze nur in eingeschränktem Sinne für die Berliner Durchschnittsradlerin zu verwenden. (Und ja, es sind wirklich auffällig oft die Mädels, die mit einer selbstvergessenen Selbstgerechtigkeit durch die Straßen daddeln.) Was fehlt, ist die Komponente "Schnelligkeit". Der gemeine Durchschnittsradler ist ein Sonntagsfahrer!
Wer je in Berlin Radfahren möchte, sollte auch folgendes wissen: Der gemeine Radler hält sich an die Fußgängerampel. Trotz Fahrens auf der Straße gilt NATÜRLICH die Fußgängerampel - denn... sie wird meist eine Millisekunde schneller grün als die Autoampel!
Ebenfalls wichtig zu wissen: Sämtliche Radwege in Kreuzberg, Friedrichshain, Prenzlauer Berg und Mitte (hab ich nen Bezirk vergessen?) sind für den gemeinen Druchschnittsradler standardmäßig beidseitig befahrbare Radwege. Dass auf einigen Wegen noch extra ausgeschildert ist, dass Radwege in beide Richtungen befahren werden können, ist nur ein Relikt aus alten Zeiten. Sentimentalitäten, weil die Stadt kein Geld hat, die Schilder zu entfernen. Bloß nicht drüber nachdenken, dass das eventuell bedeuten könnte, dass alle anderen Radwege den üblichen Verkehrsregeln unterworfen sind. Damit gebt ihr euch sofort als StVO-Spießer zu erkennen. Oh, und nicht vergessen. Kommt euch zufällig doch mal jemand aus der "richtigen" Richtung entgegen: Nicht langsamer werden und gleich gar nicht auf den leeren Fußgängerweg ausweichen. Auf jeden noch so schmalen Radweg passen immer 2 Räder gleichzeitig!
Auf meiner ewigen Hassliste die Top3...
Nr.3: Fussgänger mit Hund an Leine. Sie mit Fluppe im Maul auf dem Bürgersteig, Köter kackt den Baum an, Leine ist quer über den Fahradweg straff gespannt um mich zu erlegen, wenn ich mit Affenzahn angepest komme. Irgendwann fahre ich drüber und stranguliere den Hund.
Nr.2: Bonzenkarren, die den Fahhradweg als eigenes Hohheitsgebiet betrachten, bevorzugt um zu parken. Die Chuzpe und Überheblichkeit die aus den kuhäugigen Gesichtern trieft, wenn man sich zeternd um die Kühlerhaube windet lässt in mir Phantasien wie in "Falling down" entstehen.
Nr.1: Vati und Mutti. Vati und Mutti haben ihre "Drahtesel" (die heissen bei Vati und Mutti so, Drahtesel, hier, Zuckerle, Eselchen...) aus dem Keller geholt und besetzen jetzt den Fahrradweg. Geschwindigkeit ca. 5 km/h, einen Korb hinten, Überholen quasi unmöglich und eine, genau, Eselsgelassenheit...Nach quälenden 3 Minuten im Schrittempo eine Lücke, überholt, geschafft!! Bis zur nächsten Ampel. Da auch ich ein "Guter" bin, warte ich auf Grün. Nur nicht Vati, der spürt den Easy-Rider in sich und fährt rebellisch mit 5 km/h über rot an mir vorbei. Vati hat mich überholt und kann davon am Mittagstisch Mutti berichten. Wenn ich ihn nicht in der nächsten Kurve in den Straßengraben schubse.
"Dessen besonders gefährliche Ausführung ist das naturbekiffte Hippiemädchen, die cordhosentragende Sinologin unter den Radfahrern, Die strickende Grundschullehrerin auf zwei Rädern. Die fährt diesen auf fahrlässige Tötung anderer ausgelegten Stiefel nicht, weil sie wie das Tier im männlichen Radfahrer höherschnellerweiter will, sondern, weil sie gar nicht merkt, dass ihre kleine Traumwelt rein gar nichts mit den Straßen Berlins zu tun hat. Diese Dumpfbacken rauschen auf ihren meist völlig verkehrsuntauglichen, nur noch vom rosafarbenen Lack zusammengehaltenen Rostschleudern nicht aufgrund testosterongesteuerter Selbstüberschätzung ungebremst von links in eine Vorfahrtsstraße. Dann nämlich wüssten sie um das Risiko, dass sie gerade eingehen, das würde sie dann nämlich aufgeilen. Nein, sie denken sich leider einfach: nichts. Wozu auch. Geht ja meistens gut."
Brüüüüühhhhhhhhhll, Prussssst, Gröhhhhhl!
You made my day. Ähm, Night.
Wundervolle Beobachtung und Einschætzung, die ich auch so unterschreibe.
Es gibt für mich noch eine Ergänzung, die wichtig ist. Ein Typ Radfahrer lœst bei mir durch bloßes Gewahrwerden Agression aus. Genau begründen kann ich es nicht; jedoch mag er noch so verkehrskonform an der Kreuzung stehen, steigt meine Agression gegenüber dem Liegeradfahrer.
Der Logopäde ist wieder da!!!
(Hach, schön!)
Las dies bei meinem Bruder im Fahrradladen, passenderweise.
Als nichtstrickende Grundschuldame kann ich nur einen Auffrischungskurs in der Verkehrschule empfehlen, den ich mal mit einer vierten Klasse erleben durfte. Man bekommt von einem Polizisten eine Tasse Kaffee , stellt sich auf eine Verkehrsinsel und brüllt den Kindern "Schulterblick nicht vergessen!" hinterher.
Der Post spricht mir sowas von aus der Seele, ich möchte nur noch auf eine weitere radelnde Spezies verweisen und zwar den "ich-bin-zu-betrunken-um-zu-laufen-daher-besteige-ich-mein-Rad"-Typ
nette Story, aber...
Fahrradfahrer sind die größten Arschlöcher im Straßenverkehr = stimmt nicht !
trotz allem immer die besseren Menschen im Vergleich mit den Automobilisten = stimmt und bessert den Ausrutscher von oben ein wenig aus!
Auf meinem täglichen Radweg gibt es genau eine Stelle, die immer, wirklich immer und jegliche StVO missachtend zugeparkt ist = check'mal meine Linkliste = da gibt es einen sehr interessanten für dieses Problem = my bike.... ;)
Noch ergänzend zum ersten Ausrutscher = es gibt im Strassenverkehr immer wieder kleine und grosse Arschlöcher = hängt aber zum Glück nicht von der Art der Fortbewegung (bzw. dessen Mittel), sondern immer noch leider von den sich fortbewegenden Menschen ab !
sehr schöner Artikel... zum Glück kann ich mir den täglichen Berufsverkehr ersparen und fahre hauptsächlich im Wald - wo ich mich dann mit lebensmüden und ständig meckernden schön Wetter Omis und Rudelführerinnen von der Sorte "Ich habe 5 Hunde, 4 davon beißen nicht und einer hört sogar wenn ich was sage" rumplagen darf
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