Schöner Zug
Warum auch immer dieses Romantikgen der frühen Industrialisierung bei mir 21st Century Boy funktioniert, ich liebe Züge.
Auch Dampfloks, aber mindestens in den 1980er Jahren bin ich angekommen, Dieselloks gehen auch. Was ich absolut unspannend finde, ist die Funktionalität der ICEs und der neueren IC-Modelle. Das sind vielleicht noch Triebköpfe, aber ohne jede Schönheit von Stahl, Dampf und Schmieröl. Ähnliches gilt für die Waggons. Die waren früher auch schöner. Ich erinnere mich gerne an die Fahrten zu Oma und Opa damals mit dem IC durchs Rheintal, wo wir die Sitzbänke des Abteils zusammengeschoben haben und durch die speckigen Vorhänge auf Burgen und Loreleyen geschaut haben. Die Büroeinrichtung im ICE ist seelenlos und nebenbei absolut unbequem.
Auf der Berliner Stadtbahn fahren mehrheitlich moderne und damit unromantische Fernbahnen. Außer einer. Der Berlin-Warschau-Express ist noch ein echter Zug. Gezogen von schweren Dieselloks und mit einer Inneneinrichtung die selbst in der modernen grünen Version noch nach schweren Reisesesseln und nicht nach Meetingroom aussieht.
Ich liebe diesen Zug.
Auch weil er mich beinahe täglich (ich schaffe es sehr oft, ihn ein oder ausfahren zu sehen!) an eine ganz andere Sehnsucht erinnert. Denn er ist der Anfang der Reise ins Ermland.
Vor zehn Monaten war ich dort. Es war Herbst, ich konnte und kann die Sprache nicht, ich habe vor allem gearbeitet und weder ein Koffer noch ein Mädchen dort. Ich habe auch keinen Tropfen ostpreußisches Blut in mir und Gebietsrevisionismus finde ich widerlich.
Aber ich habe mich in diesen Landstrich verliebt. Ich denke so oft an diese Wälder, Hügel, Seen und Plattenbauten. Ich will da wieder hin.
Zum Beispiel mit dem Berlin-Warschau-Express nach Poznan und von dort mit dem D-Zug nach Olsztyn.
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