5.6.07

Fehlerprotokoll für Innenminister und Polizeipräsidenten

Die deutschen Sicherheitsbehörden haben auf der ganzen Linie versagt.

All die Razzien, Geruchsproben und Grenzkontrollen haben nicht verhindert, dass am Samstag Gewalttätige über Stunden immer wieder die Polizei in Rostock auf Trab hielten und dass am gleichen Tag Nazis symbolträchtigst durch das Brandenburger Tor in Berlin marschierten.
Letzteres konnte durch die staatlichen Repressionen ja auch gar nicht verhindert werden, denn die galten ja nur dem linken Spektrum...
Erstere konnten durch die staatlichen Repressionen auch nicht verhindert werden, denn die galten ja nur dem linken Spektrum...

Hä?
Ja.
Die Staatssicherheit (oder wie die jetzt heißen) hat offensichtlich bei Überwachung und Kontrolle auf die Falschen gesetzt. Diejenigen, die demokratische Grundrechte und freiheitliche Verfassung mit Füssen treten, sind so doof, dass sie nicht mal wissen, wen sie observieren müssen.

Dass die Nazis am Samstag morgen spontan und unbeobachtet mal kurz nach Berlin Mitte abbiegen konnten, ist ein schlechter Witz. von Thüringen und Bayern nach Schwerin mag mensch an Berlin vorbeifahren, das Brandenburger Tor aber liegt nicht direkt an der Strecke. So ein Umschwenken sollte schon auffallen, wenn es einem daran gelegen ist, Verfassungsfeinde zu kontrollieren!

Die radikale Linke, selbst ihr sogenannter gewaltbereiter Flügel haben andere Ziele als die blinde medienaffine Randale. Randale der Art von Rostock ist Hooliganismus (später mehr zu beidem). Diese Sorte Idioten hatten Verfassungsschutz, Bundesanwaltschaft und Polizei nicht auf dem Schirm, sonst wären nicht so viele so gut vorbereitete Randalierer in Rostock zusammengekommen. Die festgenommenen kommen aus der ganzen Welt. Ich dachte, die deutschen Außengrenzen seien wieder dichtgemacht worden, um solche Leute herauszufiltern. Wahrscheinlich hat der Bundesgrenzschutz aber wieder mal nur Langhaarige und Che-Guevara-Shirt-Träger schikaniert...

Natürlich hat ein Staat, der mehr und mehr die Rechte seiner Bürger beschneidet und ihnen als Geschenk dafür Sozialleistungen kürzt Angst vor linksradikalem Widerstand. Zurecht.
Aber deshalb auf allen anderen Seiten nicht mehr hinschauen. Deshalb die Entwicklungen im gewalttätigen Spektrum rechts und und unpolitisch missachten? Das ist dummes Verfallen in stereotype Feinbilder.

So schlecht vorbereitet wird dann ein wohl recht unerfahrener Beamter mit der Einsatzleitung am Samstag vertraut. Vor Ort wird ein überraschendes Deeskalationsprogramm gefahren.
Ich bleibe dabei, vermummte und gepanzerte Polizisten stellen Gewalt und Provokation dar. Aber erstens muss sich niemand provozieren lassen und zweitens hatten am Samstag die meisten Polizisten die Helme nicht auf oder waren gar nicht zu sehen. Erfreulich für die große Menge der friedlichen Demonstranten. Langweilig für die, die den Schlagabtausch suchen.

Wo und warum dann der Anlass kam, doch auf die Polizei loszugehen, weiß ich nicht genau. Das etwas blöde auf den Kundgebungsplatz geparkte Polizeiauto hatte sicherlich Provokationspotential, aber da muss ja nicht gleich mit Steinen drauf geworfen werden...
Allerdings, dass sich am Ende der Demostrecke ein paar wenige sofort einsatzbereite (ergo behelmte) Züge Bereitschaftspolizei zusammensammelten, fiel schon auf.
Dass dann als Autonome getarnte Polizisten die Angriffe angefangen haben, um ihren Kollegen eine Möglichkeit zu geben, die Proteste zu kriminalisieren, halte ich für eine bescheuerte Verschwörungstheorie. Selbst wenn es so angefangen haben sollte, die Randalierer, die ich mit eigenen Augen beim Steine sammeln und Mülltonnen zusammenschieben gesehen habe, waren definitiv keine zu teuer gekleideten und mit Schutzkleidung unterm Szeneoutfit ausgestatteten Provocops.

Egal, wie es begann, die Mischung aus völlig falschem Vorgehen im Vorfeld, der nicht vorhandenen Information über das Aggressionspotential der Randaletouristen, der eigentlich erfreulichen polizeilichen Zurückhaltung während der Demo und den dann folgenden Schwierigkeiten der sogenannten Sicherheitskräfte, die Randale in den Griff zu bekommen, lassen für mich nur zwei mögliche Schlüsse zu:

1. Verschwörung light: Irgendwer wollte auch auf seiten der Staatsmacht die Randale. Irgendwie musste sich ja die eigene Prophezeihung der vergangenen Wochen bewahrheiten.

2. Zur dämlichen Vorbereitung kam eine stümperhafte Durchführung. Dafür spricht auch, dass die Polizei die Ausschreitungen dadurch zu kontrollieren versuchte, indem sie sie aus den unübersichtlichen und engen zwei Straßen am Rand des Rostocker Stadthafens heraus auf den Kundgebungsplatz drängte.
Klar haben es das schwere Gerät und die in Einheiten agierenden Hundertschaften dort auf offenem Feld einfacher gegen die versprengt agierenden Randalierer als im Straßenkampf. Aber so wurden eben auch die friedlichen Demonstranten mit hineingezogen. Als Rückzugsraum für die Randalierer, durch die glücklicherweise nicht Realität gewordene Gefahr, dass die Ausschreitungen mitten in die Kundgebung getragen werden.

Ganz gleich ob das eigene Versagen ungewollt geschah oder bewusst inszeniert war, die Folge ist, dass die Polizei jetzt massiv auftritt, krass kontrolliert und beim kleinsten Ding losprügelt. Wer diese Bilder (v.a. Bild 7, 8 und 14) mit denen vom Samstag vergleicht, wird merken, dass hier keine Randalierer mehr zusammengeknüppelt werden.

Ein Staat der seine repressiven Mittel ausweitet und nicht im Griff hat, ist wie ein verletztes Raubtier. Kurz vor dem Tod und tödlich gefährlich.
Traurig, dass am Samstag ein paar hundert Idioten dieses Tier angefallen haben. Es wäre besser, wenn es jemand eingeschläfert hätte.

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