4.6.07

the good news will not be televized

Ich habe am Samstag auf der Demonstration gegen den G8-Gipfel in Rostock vor allem Gutes erlebt.
Ich war auf einer Demonstration mit mehreren zehntausend Menschen, die vieles trennt, aber eines eint: Sie haben etwas dagegen, dass sich die Regierungen von acht Staaten zur Weltregierung aufspielen und das mit großem Tamtam inszenieren, anstatt sich zu einfachen multilateralen diplomatischen Gesprächen treffen.
Sie haben etwas dagegen, dass acht dicke Maxe allen anderen aufoktroyieren, wie sie ihre Politik gestalten sollen. Sie haben etwas übrig für emanzipatorische Politik für die Mitbestimmung der Massen für die Gleichberechtigung der Völker, ganz gleich, wie groß die Wirtschaftsmacht der Staaten auch sein mag, in denen sie leben.

Diese Menschen haben friedlich demonstriert, sie haben bis in die Nacht gefeiert und getanzt.
Viele dieser Menschen engagieren sich schon lange, vor allem aber diese ganze Woche, in kreativsten Formen, um den G8 zu zeigen, was unsozial an ihrer Politik ist und wie wenig sie ein Recht haben, für den ganzen Planeten Entscheidungen zu treffen.
Viele dieser Menschen haben sich in den Protestcamps rund um Heiligendamm zusammengefunden. Von dort aus organisieren sie Protest und Widerstand. Dort und auf dem Alternativgipfel diskutieren sie Alternativen zur imperialistischen, kriegerischen, ausbeuterischen Politik der G8 und suchen nach einer Globalisierung der Solidarität der Menschen.
Vor allem aber leben da unterschiedlichste Menschen friedlichst in einem riesigen Zeltlager zusammen. Sie organisieren ihr nicht ganz kleines Gemeinwesen von einigen tausend CamperInnen basisdemokratisch und konsensorientiert.

Dieses Wochenende in Rostock war eigentlich wie ein großes Rockfestival, nur, dass keiner an die Zelte der anderen gepisst hat, es auch ohne Kommerz und überteuerte Fressbuden geht und eben nicht nur Musik konsumiert wird, sondern dabei Diskurse entstehen, Erkenntnisse reifen und daraus politisches Handeln resultiert.

Das war schön und gut und motivierend. Noch schöner und besser wäre gewesen, wenn es nicht zu den gewalttätigen Ausschreitungen gekommen wäre.

Denn: Die überlagern die wichtigen Nachrichten des Tages:
1. Die übergroße Mehrheit protestiert aufgrund von politischer Überzeugung und hat nichts mit sinnloser Gewalt am Hut. Leider, auch darüber sollte diskutiert werden, waren das gemessen an jedem Bundesligasamstag oder der am Sonntag gewesenen Radlersternfahrt in Berlin verdammt wenige am Samstag in Rostock. Egal, ob da 25 000 oder 80 000 Menschen da waren. Globalisierung nach Art der Bushs und Merkels lockt die Leute nicht auf die Straße. Warum nicht?
2. Die Gewalt am Samstag hat nichts mit G8-Kritk zu tun. Sie hat etwas mit falsch verstandener Rebellion, chauvinistischer Ideologie, völlig misslungener Polizeitaktik und mangelnder Solidarität zu tun.
3. Diese Woche gibt es noch soviel Termine an denen Widerstand gegen die Anordnungen und das Verhalten der Staatsgewalt inhaltlich gefüllt werden können und dadurch sinnvoll werden.
4. Ohne die Aggressionen des Samstags rechtfertigen zu wollen, kann ich nach eigenem Erleben und Durchsicht verschiedener Medien sagen: Es ist wieder einmal in der Berichterstattung maßlos übertrieben worden.


Ich werde heute noch weiteres zum Samstag schreiben und dabei auch die ein oder andere Behauptung von oben näher ausführen. Der Übersicht wegen (und weil ich jetzt erstmal nach Hause fahre, um die Wäsche vom Wochenende in die Maschine zu packen) werde ich das in Extra-Posts tun. Dann mit Argumenten zu den Thesen.

P.S.: Ich wünsche mir reges Feedback. Das müsste nach einer kleinen technischen Änderung jetzt auch einfacher möglich sein.

4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ja, jetzt darf ich hier auch mitkommentieren. Danke. :) Diese Captcha-Funktion ist in meinen Augen auch völlig unnütz. In meinem Blog (auch bei Blogger.com) habe ich im letzten Captcha-freien halben Jahr nur drei Spam-Kommentare löschen müssen. Das ist zu verschmerzen denke ich.

On Topic: Ich fühle mich im Moment mit so vielen widersprüchlichen Informationen (und Desinformationen) förmlich zugeschissen, dass es mir schwer fällt ein klares Bild zu bekommen. Ich konnte leider nicht in Rostock dabei sein, aber ich "missioniere" in meinem privaten Umfeld gegen die Ahnungslosigkeit von vielen. Mühsam und undankbar, aber ich mache es gerne.

Anonym hat gesagt…

Danke für die Funktionsänderung.

Ich glaube, daß alle Menschen, die überhaupt Willens sind zu begreifen, auch begriffen haben, daß es sich in der Hauptsache um eine friedliche Demonstration gehandelt hat.

Herzlich Grüße: XiongShui

Anonym hat gesagt…

Informationsschieflage hin oder her, es braucht nicht einmal viele solcher gewaltgefüllten Bilder um sich als Daheimgebliebene Sorgen um die Freunde in Rostock zu machen, wie leicht gerät man auch als friedlicher Demonstrant zwischen die Fronten.

Anonym hat gesagt…

"Globalisierung nach Art der Bushs und Merkels lockt die Leute nicht auf die Straße. Warum nicht?"
Vielleicht liegt das daran, dass die Leute das Gefühl haben, dadurch nichts ändern zu können? Vielleicht aber geht es ihnen auch einfach nur am Arsch vorbei? Weil sie satt sind, weil sie dass Gefühl haben, dass ginge sie nichts an, hätte mit ihrem Leben nichts tun? Ich weiß es nicht. Kann es nicht wissen.
Vielleicht aber haben sie sogar Recht, wenn sie denken, dass ihr auf die Strasse gebrachter Unmut den Herrschenden am Arsch vorbei geht?