25.7.07

Zum Divertissement

Habe gerade bei der berufsbedingten Recherche folgenden Titel eines Theaterstückes aus dem 18. Jahrhundert gefunden:

Doktor Luther auf'm Abtritt. Ein Geniestreich von Pater Ignatius Rivero. Zum erstenmal auf dem neuen Theater der Inquisition zu Madrit, zum Divertissement nach einem Auto=da=Fe, aufgeführt.

Die hatten Spaß, damals...

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Nun ja, sind die heutigen Container- Soaps vielleicht anspruchsvoller?

Björn Grau hat gesagt…

Wenn der Pater ein guter Jesuit war, hatte sein Stückchen garantiert mehr Anspruch als alle Container-Soaps zusammen.

Ich finde es nur interessant dass es offensichtlich Teil des Spektakels war, erst mal ein paar Ketzer zu verbrennen und danach zur Belustigung ein Anti-Lutherisches Theaterstück anzuschauen.
Eben nicht wie heute Dauerberieselung aus dem üblichen Boulevard-Mix im Fernsehen, sondern bewusste Abendgestaltung:
Erst Scheiterhaufen, dann Komödienstadel. Ein Preis, ein Ort, ein Veranstalter. Das ist ehrlicher als klammheimlich auf spektakuläre Unfälle in der Formel 1 zu hoffen und sich nebenher an den launischen Sprüchen von Niki Laude zu bespaßen. Und weil es offener und ehrlicher ist, erscheint es auch brutaler. Mir zumindest.

Anonym hat gesagt…

Naja, heute nennen wir derartige Veranstaltungen Kirmes. Diese Hexen- und sonstwas Verbrennungen fanden ja nicht im leeren Raum statt.

Wenn die Inquisition kam, lief auch das Volk von nah und fern zusammen. Schnell hatten Händler und Gaukler erkannt, das sich hier der eine oder andere Deut verdienen ließ, also bildete sich darum herum ein Markt, mit allerlei Angeboten.

Auf keinen Fall durfte bei solchen "Volksfesten" auch eine Bühne fehlen, auf der es in dieser Zeit recht deftig zuging (schließlich war das Autodafé ja nur ein Teil des ganzen Wirbels (meist krönender Abschluß). In Shakespeares Stücken läßt sich noch ein wenig erahnen, wie derbe manche Späße damals sein mussten, um das Volk zu belustigen - und Blut macht sich immer gut, nicht umsonst haben diese "Blaulichtsendungen" heute so hohe Einschaltquoten.

(Ich hatte Deinen Beitrag offenbar ein wenig missverstanden.)

Im Grunde hat sich nicht viel verändert in der Sensationsgier der Menschen, heute kommt das nur alles ein wenig hygienischer verpackt daher.

Brutalität kann sich auch sehr subtil zeigen: Psychoterror durch heimliche Deprivation zum Beispiel, fällt niemandem in der Umgebung auf. Damals ging es im Großen und Ganzen derber und direkter zu, aber ob das wirklich auch brutaler war?