9.8.07

Blogger, lasst das Glotzen sein! Kommt herunter, reiht Euch ein!

Blogdorf lässt mich hoffen. All überall Banner und Eselsohren, die den Besuchern der kleinen Internettagebüchern klar machen:
Not in my name, Wolle!

Da wird virtuell gegen Vorratsdatenspeicherung, Bundestrojaner, Online-Durchsuchungen und den ganzen anderen paranoiden Mist aus des Innenministers (IM) Hinterstübchen (und seinen vielen Referenten, die sich den Quatsch mitausdenken) protestiert. Da werden Unterschriften gesammelt von Menschen, die Schäubles Rücktritt fordern. Da reisen Grundgesetze aus Berlin Mitte in die ganze Republik, um von dort wieder in Berlin Mitte auf dem Schreibtisch des IM zu landen. Da schicken viele all ihre Post in Kopie auch an den IM und seine Mitarbeiter, um deren wahnwitzigen Kampf gegen einen imaginierten Terror ad absurdum zu führen.

Helft Wolfgang, mitmachen bei Stasi 2.0 schwarz

Gut so! Und dennoch: Etwas mehr als 5600 Rücktrittsforderungen (9.8.07, 17:00 Uhr), viele Grundgesetze, noch mehr Banner... all das hilft nur der eigenen Beruhigung. Das interessiert in dieser kleinen Menge und in der Virtualität unseres Bloggerdaseins kein Schwein.
Deshalb alles abblasen, wäre falsch. Man muss sich Sisyphus als einen glücklichen Menschen vorstellen. Und gleichzeitig einsehen, dass es Onanie ist, was wir betreiben. Hey, Onanie ist schön, macht Spaß, ist gesund. Nichts gegen einzuwenden. Aber Schäubles (und seiner Mitstreiter) Politik wird sich so nicht ändern.

Dabei reicht die Empörung über deren grausiges Tun über viele politische Lager hinweg. Liberale, Grüne, Linksparteiler, Datenschützer, außerparlamentarische Linke, u.v.m. haben keinen Bock auf den Schrott.

Ich glaube, es gibt die kritische Menge, die ausreichen würde, um dem Law and Order-Fanatikern den politischen Garaus zu machen. Wenn es in diesem Fall mal nur darum ginge, diese konkreten Vorhaben des IM zu verhindern. Einfach ausnahmsweise mal nur den Status Quo halten und nicht gleich die Verhältnisse umstürzen (machen wir dann im Anschluss). Und vom hohen Ross der Selbstverliebtheit steigen und der fantasielosen Medienrepublik geben, was sie braucht.
Wenn die großen Boulevardblätter widerspiegeln, dass das Volk keinen Bock auf die IM-Pläne hat, wenn das Fernsehen Bilder des Protests bekommt, wenn wir für einen Moment akzeptieren, dass die Politik auf die alten Medien hört und die alten Medien unsere Kommunikationsform ignorieren, dann sollten wir eine Chance haben, den IM unter echten Druck zu setzen und vor allem der politischen Linie, deren Maskottchen er nun mal "nur" ist zunächst mal einen Riegel vorschieben. Ganz real im echten Leben zeigen, dass es eine breite Gruppe Menschen gibt, die bei allen anderen Differenzen eins eint:
Wir wollen keinen Schäuble, auch nicht wenn er Beckstein heißt.

Deshalb: Weiter mit den virtuellen Aktionen UND hinaus zum Straßenkampf! Müssen ja nicht gleich Barrikaden und Autos brennen. Aber mit nur einer Demo wird es auch nicht getan sein. Sie ist ein Anfang:



7 Kommentare:

Sebi Protagonist hat gesagt…

onanie für eine bessere welt ist aber ein geiler slogan.

Anonym hat gesagt…

grauer ich beneide dich um deinen optimismus...hoffentlich hab ich mit meiner zynischen sicht der dinge nicht recht wäre schön.

dummerweise ist das zu selten der fall.

Björn Grau hat gesagt…

westernworld: Sisyphos ist mein Held.

Anonym hat gesagt…

Reihe mich bei westernworld ein. Konsequenzlose Proteste gegen Hartz IV, G8 und co haben irgendwie ihre Spuren bei mir hinterlassen..

Sollte ich aber zu dem Zeitpunkt in Berlin sein, melde ich mich und lasse mich gerne von dir mitnehmen, auf eine Runde Motivation und Hoffnung.

Anonym hat gesagt…

bei camus ging es um das glück des tätigseins, es war doch camus oder, nicht um dessen erfolg auch nicht den langfristigen.

wenn ich mich meiner pubertären lektüre recht erinnere* war das als gegenentwurf zu sartres schmerz, ekel, einsamkeit, geworfen sein- programm gedacht.

damals fand ich den algerier viel sympathischer heute muß ich zugeben das der häßliche mit der baskenmütze, bei all dem scheiß den er vorallem politisch verzapft hat, am ende recht behält.

alles leben ist ein vermeiden von schmerz.


*dieser kommentar wurde ohne zuhilfenahme von wikipedia erstellt er strotz daher möglicherweise vor fehlern.

Björn Grau hat gesagt…

das glück des tätigseins an sich ist reichlich zynisch, da arbeit eben nicht unbedingt frei macht. ich deute mir den camus-satz (ich glaube, er war's) um in: wenn es mir richtig erscheint, mache ich es, egal wie erfolgreich das sein wird.
sartres lebensweisheiten folgen macht auf dauer magengeschwüre. braucht niemand.
nixtun, weil die anderen stärker sind ist das schweigen der lämmer. ich blöke lieber. aber überlege eben gern, wo blöken wenn überhaupt eventuell gehört werden könnte.

auch deshalb: malcolm, melde dich!

Anonym hat gesagt…

arbeit macht frei das ist doch der neue slogan der bundesagentur für arbeit, richtig?