8.9.07

Kein guter Terror

Als ich jüngst versucht habe, mir und den Graubrotlesern eine Antwort auf die Frage zu geben, warum es in linken Kreisen kein oder kaum Mitgefühl für die Opfer der RAF gab, habe ich versucht, es so zu schreiben, dass klar wird, dass ich auf Distanz zu den Taten der RAF gehe, dass ich die abstrahierte Kälte linker Theorie problematisch finde und dass mir sehr wohl klar ist, dass das Wählen von schlechten Mitteln wie Mord und Gewalt für gute Ziele (Freiheit und Gleichheit für alle) ein Widerspruch ist.
Auch nach wiederholtem Lesen habe ich den Eindruck, dass mir dies gelungen ist. Was ich versäumt habe, ist die Wirkungskraft von Überschriften richtig einzuschätzen. Ich hätte den Post mit "Guter Terror?" überschreiben sollen, um jetzt mit Fug und Recht sagen zu können: Jeder der mir vorwirft, ich erklärte linken Terror für gut, habe meinen Post nicht richtig gelesen. So kann mir jeder die affirmativ aussehende Überschrift "Guter Terror" vor die Nase halten. Auch wenn dabei die Brüche zwischen Text und Überschrift nicht wahrgenommen werden. Wenn-dann-Konstruktionen sind eben eher nicht affirmativ zu lesen, sondern stellen Hypothesen dar. Auch könnten wohlwollende Leser den Post im Zusammenhang mit anderen Posts auf diesem Blog lesen. Wenige Beiträge vorher lobe ich einen taz-Artikel in dem der RAF-Mythos demontiert wird. Aber ja, Texte führen ein Eigenleben und entstehen in jedem Leseakt neu. Und meine Lesart ist nicht die der anderen.

Ich habe versucht, die innere Logik in linksextremem Denken aufzuzeigen, so wie ich sie sehe. Ich habe versucht, die darin enthaltenen Probleme aufzuzeigen. Es gab Leser, die das verstanden haben. Aus der von mir behaupteten inneren Logik heraus gibt es einen guten Kern in linkem Terrorismus, während dies im rechten Terror nicht so ist. Ich sehe die Taten der RAF nicht als linken Terror, sondern als etwas Selbstbezogenes. Deshalb habe ich unter anderem auch davon geschrieben, dass das gute Wollen eine leere Hülle ist.
Ich habe nicht geschrieben, dass die von mir dargelegte innere Logik meinem Denken entspricht. Gut, rechts oben in der Sidebar dieses Blogs prangt ein Button, auf dem "linksextrem" steht (wer den dahinter liegenden Beitrag liest, wird sehen, dass das im konkreten Fall eine Fremdzuschreibung ist, die ich mir ironischerweise zu eigen mache). Und meine bisherigen Posts zum Themenkreis "Linksextremismus, RAF, politische Gewalt" weisen mich nicht gerade als jemanden aus, der sich von jeglichem linksradikalen Gedankengut distanziert. DENNOCH: Ich habe nicht geschrieben, dass die von mir beschriebene Logik auch meine Logik ist.
Ich habe aber auch nicht geschrieben, dass ich sie für falsch erachte. Das muss ich zwar nicht, eine Analyse muss nicht zwingend mit einer Interpretation verknüpft sein, aber zugegeben, mir fällt eine absolute Negierung dieser Logik schwer. Warum?
Weil ich politische Gewalt nicht grundsätzlich ablehne. Denn, wie Saint in den Kommentaren zu "Guter Terror" so richtig schreibt:

Ich kann Niemanden friedlich stürzen, desen Herrschaft auf Gewalt beruht.
Da es meines Erachtens für eine gerechte Welt eine massive Umverteilung von Wohlstand und große Veränderungen in den Besitzverhältnissen braucht und ich nicht glaube, dass die, die momentan Wohlstand und Besitz akkumulieren, da so richtig Bock drauf haben, könnte es hier, will mensch echte Veränderungen erreichen, zu ernsten Konflikten kommen. Und sage jetzt bitte keiner, die Besitzenden seien heute nicht mehr mächtig und übten keine Gewalt aus. Und bevor mir widersprochen wird, schaut das ganze bitte global an. Eine national beschränkte Sichtweise greift zu kurz. Genauso wie eine nationale Veränderung zu nix führt.
Und hier liegt auch die utopische Dimension einer vertretbaren politischen Gewalt. Eine Clique Bürgerskinder bombt die gute Welt nicht herbei, erst recht nicht, wenn sie es in einer vergleichsweise gerechten Demokratie wie der BRD versucht, wie Jan Feddersen ebenfalls vor einer Woche in der taz am Beispiel eben der RAF zeigt.
Kein Zweck heiligt jedes Mittel. Habe ich aber auch nicht behauptet. Aber manche Zwecke haben wohl bestimmte Mittel nötig.
Terror ist für mich kein legitimes Mittel, denn (um noch mal Saint zu zitieren, der mein Anliegen, glaube ich, sehr gut verstaden hat):
Nur man brauch (...) einen Weg, den alle zu laufen bereit sind, die diesen Weg nehmen sollen. Genau das wurde verpennt damals.


Und ich denke in Zukunft besser über meine Überschriften nach.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

"Eine national beschränkte Sichtweise greift zu kurz. Genauso wie eine nationale Veränderung zu nix führt.

Darüber habe ich auch schon intensiv nachgedacht. Das ist sowas von richtig. Und wenn die damals diese utopische Dimension einfach übersehen haben, wundert mich das schon sehr. Vieleich aber haben die auch gedacht, dass es zu jenem Zeitpunkt ohnehin überall gebrodelt hatte. Eben fast weltweit, bis auf Osteuropa. Nur auch dafür gilt: Man hat erst mal losgelegt, m sich über international Perspektive im nachhinein zu unterhalten.

Und heute betrachtet, gibt es so gut wie keine reale Möglichkeit internationl was zu ändern. Die Globalisierung hat eben auch auf dieser Seit für die Sicherheit der Herrschenden gesorgt.